Im vergangenen Jahr haben die Herren von TIMES OF GRACE allen Kritikern und „Totsagern“ mit ihrem Album „Hymn Of A Broken Man“ eindrucksvoll bewiesen, dass man auch im Jahr 2011 immer noch hochwertige METAL CORE Alben abliefern kann.
Was kann man also 2012 vom METAL CORE erwarten?
Genauer gesagt, was kann man noch von CALIBAN erwarten?
Einer Band, die zu der Speerspitze der nationalen METAL CORE-Szene zählt, von der aber böse Zungen behaupten, dass sie sich über die Jahre hinweg Teile ihre musikalischen Identität bei anderen Größen zusammen „geliehen“ hat und die mit ihrem letzten Werk „Say Hello To Tragedy“ eher magere Durchschnittskost ablieferte.
Für die Aufnahmen zum neuen Album „I Am Nemesis“ haben CALIBAN sich mehr Zeit genommen, als üblich. Sie haben mit Mitch Lucker von SUICIDE SILENCE, HEAVEN SHALL BURN-Sänger Marcus Bischoff sowie den Herren von AS BLOOD RUNS BLACK, nicht nur einige illustre Personen als Gastsänger, sondern auch Soundtüftler Marcel Neumann (WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER) für einige Songs des Albums gewinnen können. Alles Faktoren, bei den man schnell den Eindruck gewinnt, dass es CALIBAN auf ihrem neuen Album wichtig war, nichts dem Zufall zu überlassen. Ein Eindruck, der sich bereits beim ersten Hördurchgang von „I Am Nemesis“ bestätigt und mit jedem weiteren verstärkt.
Die Ausgangsposition im Sound von CALIBANs achten Album bilden präzise DJENT- und drückende THRASH Riffs, sowie allerhand druckvoll eingesetzter Breaks, treibende Grooves, plus der CALIBAN-üblichen Trademarks. Im Tempo ständig variierend, wird das Ganze auch gesangstechnisch durch Fronter Andreas Dörner, diversen Gastsängern und Gangshouts abwechslungsreich in Szene gesetzt. Natürlich ist diese Gangart jetzt nicht sonderlich revolutionär für ein modernes Metal-Album.
Dennoch ist „I Am Nemesis“ ein Album geworden, welches sicherlich aus der Masse herausstehen wird. Das liegt zum einen daran, dass CALIBAN auf ihrem neuen Album ein außerordentlich feinfühliges Gespür für abwechslungsreiche und überzeugende Songs bewiesen haben. Allein der Opener „We Are The Many“, die Single „Memorial“ oder der mit einem stampfen „Nackenbrecher-Refrain“ ausgestattete Track „Deadly Dream“, sollten sich jetzt schon auf der Festival Setlist der Band eingebrannt haben. Zum anderen warten die Songs mit einem noch nie da gewesenen Detailreichtum auf. Wenn sich beispielsweise im Track „The Bogeyman“, die warmen Keyboardklänge unter die Gitarren mischen, klingt das schon fast nach den für RAMMSTEIN-typischen „Flake-Sounds“. Überhaupt hat man das Gefühl, dass CALIBAN auf „I AM NEMESIS“ einen anderen Weg gewählt haben, um ihre melodischen Mittel in die aggressiven Songstrukturen einzubinden und sich von der typischen METAL CORE Machart entfernt haben. Die clean gesungenen Passagen überladen die Tracks nicht und wirken nicht so aufgesetzt und wesentlich durchdachter. Das beweisen Songs, wie „Open Letter“ oder der famos geschriebene Refrain im Schlusstrack „Modern Warfare“, der von seinen Harmonien schon fast an die hymnischen Glanztaten der FARMER BOYS erinnert.
Schlussendlich ist CALIBAN mit „I Am Nemesis“ ein Album gelungen, welches zum einen ihre Stellung an der Spitze der nationalen Szene bestätigt und zum anderen locker mit der internationalen Elite mithalten kann. Es ist kein revolutionierendes Ausnahmewerk, aber es ist definitiv ein MODERN METAL(CORE) Album, welches mit starken Songs überzeugt und nur so vor Abwechslungsreichtum strotzt.
Tracklist
01. We Are The Many
02. The Bogeyman
03. Memorial
04. No Tomorrow
05. Edge Of Black
06. Davy Jones
07. Deadly Dream
08. Open Letter
09. Dein R3.ich
10. Broadcast To Damnation
11. This Oath
12. Modern Warfare