Was waren das noch für Zeiten, als Callisto über lange Strecken nur instrumental zu überzeugen wussten und nur vereinzelt schreiender Gesang eingestreut wurde. Platten wie True Nature Unfolds oder das sehr düstere 2006er Release Noir hatten eine Epik in sich, die ihresgleichen suchten. Im letzten Jahr hat sich die Band aus Finnland ein neues Mitglied ins Boot geholt, Janni Ala-Hukkala, ein Mann, der cleanen Gesang beisteuern sollte. Jetzt liegt eben das neue Werk der Finnen vor, welches auf den Namen Providence hört. Der neue Mann bringt Veränderungen mit sich und genau hier werden sich die Geister scheiden.
In Session dient als Opener, sehr ruhig und sphärisch. Die Melodien gehen ins Ohr, veranlassen den Hörer, die Augen zu schließen und sich in der Welt Callistos heimisch zu fühlen. Kurz bevor man aber zu tief in die Abgründe Band taucht, reißt einem eine, ich möchte fast sagen, orientalisch angehauchte Stimme aus diesem Bann heraus. Das klingt im ersten Moment absolut ungewohnt, fügt sich aber bei näherer Betrachtung absolut ins Gesamtbild ein, da sie den christlichen Charakter der Band gekonnt unterstützt. Der Song entwickelt sich und steigert sich bis zu seinem ausbrechenden Finale fast ins Unermessliche. Und dann folgen sie auch schon, die bekannten, alles zerreißenden Shouts von Gitarrist Markus Myllykangas. Alles ist gut und man lehnt sich wieder entspannt zurück.
Callisto schaffen es, Bilder vor den geschlossen Augen des Hörers erzeugen. Diese Bilder sind nicht immer schöner Natur, nein, sie sind sogar meist geprägt von tiefer Dunkelheit und stetig befindet man sich gefühlter Weise am Rand eines tiefen Abgrundes. Das Schlimme ist, man fühlt sich dabei wohl, vergisst die Zeit und ist nicht in der Lage irgendetwas dagegen zu unternehmen. Schuld daran sind die eingestreuten Glockenspiele, die lang gezogenen instrumentalen Passagen und der allgemein düstere Charakter. Immer wieder gibt es etwas neues zu entdecken, auch nach unzähligen Durchläufen.
Als besonders gekonnt erweist sich unter anderem Covenant Colours, der fast eintönig daher kommt, den Hörer so aber in eine Art Trance-Zustand versetzt. Gerade dieser Song zeigt aber auch die neue Seite von Callisto. Die Band gibt sich wesentlich ruhiger als das noch auf früheren Releases der Fall war. Fast könnte man sagen, dieser Track, wäre stellvertretend für den gesamten neuen Stil des Albums. Und genau das ist der Punkt über den sich viele Fans der alten Tagen streiten, sich vielleicht sogar von der Band abwenden werden.
Aber keine Sorge Sorge, es gibt sie immer noch, die Sludge-lastigen Stücke. Zu nennen wären hier Dead Weight, aber auch Drying Mouths (In a Gasping Land). Hier wagen Callisto wieder den Ausbruch, die Shouts stehen fast im Vordergrund und die Härte in der Musik regiert das Geschehen. So möchte man die Finnen eigentlich hören, aber sie haben sich letztendlich weiter entwickelt. Und kann man jemandem Weiterentwicklung etwa vorwerfen? Eigentlich nicht.
Und so hinterlassen Callisto den Hörer nach etwas mehr als einer Stunde wieder sich selber. Denken kann man von dem Album was man möchte. Nur eines ist es nicht: schlecht.
Providence ist ausgereifter, als so manch anderes Werk vergleichbarer Bands. Wenn auch seichter gehalten, besteht immer eine Grundhärte und wenn diese auch nur durch die Atmosphäre entsteht. Dennoch, Callisto sind immer noch unbändig, haben viel zu erzählen und bewegen sich weit entfernt von Stagnation - zwar auf steinigem Wege, haben aber anscheinend das richtige Schuhwerk dafür an.
Kein CD-Tipp, da hier tatsächlich nicht jeder angesprochen werden dürfte, aber dennoch gesunde 8 Skulls.
Tracklist:
01. In Session
02. Rule the Blood
03. Covenant Colours
04. Eastern Era
05. New Canaan
06. Stasis
07. Where The Spirits Tread
08. Dead Weight
09. Drying Mouths (In A Gasping Land)
10. Providence