Sebastian Müller, augenscheinlich kein Rückenschwimmer. Denn: „Ruhiger werden, heißt nicht automatisch, dass man auf dem Rücken im Strom schwimmt.“ Ruhig geworden sind sie trotzdem, die Verbeugungen vor dem ganzen Lebensquatsch. Und deutsch dazu. Das ist Akustik-Bukowski-Pop für die Generation CAPTAIN PLANET. Reinsteigern dürfen sich gerne die Anderen.
Typen wie CAPTAIN’S DIARY aka Sebastian Müller möchte man am liebsten fortwährend drücken. Oder halt mit ihnen Bierflaschen volllabern. Nicht weil sie in Oberhausen wohnen. Sondern weil sie recht haben mit ihrer Sicht der Dinge. Und schon immer die richtigen Bands gehört haben, die den meisten egal sind. Sicher, klar, das klingt durchaus pathetisch. Und ist natürlich (gewollt) maßlos übertrieben. Man muss allerdings kein Semiotiker sein, um hier die Zeichen der Zeit zu deuten: Im Plattenregal stehen MUFF POTTER (für die Alltagsbeobachtungen), HOT WATER MUSIC (für den Lebenspunch), CAPTAIN PLANET (für die präziseren Alltagsbeobachtungen) und PROPAGANDHI (für die Haltung). Ein paar Bücher vielleicht noch. Rocko Schamoni oder sowas. Sven Regener würde auch passen. Am Ende alles hoffnungslose Romantiker.
Der Rest (also die Musik) ist Akustik. Fäuste so halb in der Tasche. Das Singer/Songwriter-Ding, Lebensgefühl: Run to be born. Der Schreibmaschinenkopf besorgt den Rest mit überlebensnotwendigen Parolen. Das Glas bleibt halb leer – aber, Alter, warte mal, da kommt ja wer und füllt es auf. Sie nennen es Leben: „Augen auf und durch!“ CAPTAIN’S DIARY verlässt sich dabei voll und ganz auf ruhig gezupfte Akkorde. Auf ein wenig Glockenspiel. Und noch weniger Schlagzeug. Und natürlich eine glasklare Stimme, die sich nie an die Melodien ranschmeißt. Unaufgeregt nennen Menschen sowas, die verstanden haben, dass eben nicht immer der auch zwangsläufig recht hat, der am lautesten schreit. Bodenständig diejenigen, die ob des ganzen Aufmerksamkeitsterrors übersehen haben, dass Egos eben nicht mittels „Gefällt mir“-Reflexen generiert werden. Weil eben niemand Egos braucht. "Niemals jedem recht" vertritt sich die blauen und grünen Beine auf Abschiedsspaziergängen mit „Matt Pryor auf den Ohren“ ('Augen auf'), nähert sich der ganz großen Geste, umkreist sie leise – und hält sich im entscheidenden Moment doch zurück ('Komma'). Manch einem mag hier an prominenten Stellen ein wenig Dringlichkeit fehlen, mehr Schnoddrigkeit vielleicht. CAPTAIN’S DIARY antwortet darauf mit seiner Version von Punkrock, lässt kurz ein galoppierendes Schlagzeug darüber rollen ('Wenn das hier dein Weg ist') – und macht genauso leisetreterisch weiter wie bisher. „Wenn das hier dein Weg ist, geht meiner genau umgekehrt.“ Verhalten klopft gen Ende dann die Bassdrum durch 'Happy End / Pretend', Herr Müller reüssiert nochmals seine Lebensphilosophie und wir wünschen ihm viel Erfolg auf seinem weiteren Weg. So einer kann eigentlich nur gewinnen. Sollte mehr solche Lehrer geben. „Widerstand kann auch leise sein.“
knappe 7
Tracklist:
01: Augen auf
02: Du weißt gar nichts mehr genau
03: Kein guter Tag
04: Komma
05: Wenn das hier dein Weg ist
06: Niemals jedem recht
07: Um Haaresbreite
08: Fäuste in Taschen
09: Happy end / Pretend
10: Darwin’s Theorie präsent
11: Bonus-Track – The tiger and the bear