Plattenkritik

DAVE HAUSE - Bury Me In Philly

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 13.02.2017
Datum Review: 13.02.2017

Tracklist

 

1.
With You
2
The Flinch
3
My Mistake
4
The Mermaid
5
Shaky Jesus
6
Divine Lorraine
7
Dirty Fucker
8
The Ride
9
Helluva Home
10
Wild Love
11
Bury Me In Philly

DAVE HAUSE - Bury Me In Philly

 

 

DAVE HAUSE genießt man am besten bei einem kühlen Bier, zwei Meter von der Bühne entfernt, zurückgelehnt und mit geschlossenen Augen. Der Charme, den der US-amerikanische Singer/Songwriter versprüht, wenn er seine Lieder – irgendwo zwischen Americana, Folk, Pop-Punk und Country angesiedelt – nur von einer Akustikgitarre begleitet zum Besten gibt, ist wirklich bemerkenswert. Seine Alben konnten bisher nicht immer mit diesem Charme mithalten. Drums, Orgel, Bass und diverse andere Instrumente haben bereits in der Vergangenheit versucht Songs größer klingen zu lassen als sie waren oder als sie es gebraucht hätten: ‚We Could Be Kings‘ oder ‚C´mon Kid‘ könnten auch ohne den eher mäßig gelungenen Versuch eine Soundwand aufzubauen auskommen. Großartige Hymnen des Proletariats mit einer melancholisch verklärten Troubadouren Romantik. Lieder wie ‚Pray For Tuscon‘ oder das rührende ‚Only Time Will Tell‘ können im Kontext einer Band als auch durch HAUSE allein vorgetragen überzeugen. DAVE hat die Messlatte selbst hoch angesetzt, in dem er durch geschicktes Einsetzen seines kompositorischen Könnens in der Vergangenheit/Gegenwart für viel Euphorie sorgte, welche bei dem ersten Durchlauf seines neuen Albums „Bury Me In Philly“ leider ausblieb. Aber nochmal genauer hingehört:

Der Einsteiger ‚With You‘ klingt wie eine übrig gebliebene B-Nummer von „Devour“. Mittelmaß, vorausschaubar und unspektakulär, mit einem Refrain der sich krampfhaft versucht als Ohrwurm zu etablieren. Gefolgt von ‚The Flinch‘ der weder vom Arrangement noch vom Text her wirklich mehr Überraschungen zu bieten hat, wenn auch weniger schal schmeckt. ‚My Mistake‘ – hier kriegt DAVE HAUSE glücklicherweise die Kurve und gewinnt wieder an lyrischer sowie musikalischer Kraft, wenn sich seine Stärke auch erst beim nächsten Song zeigen soll: ‚The Mermaid‘. Wie bei ‚Prague (Revive Me)‘ traut sich der Künstler ein bisschen mit Melodie und Rhythmus zu spielen und schafft so das erste wirkliche Highlight auf „Bury Me In Philly“. ‚Shaky Jesus‘ nimmt wieder Fahrt auf, wenn auch mit halber Kraft voraus. ‚Divine Lorraine‘ ist eine starke Country-Nummer mit Slide-Guitars und hat eine sehr eingängige Hookline. ‚Dirty Fucker‘ versucht sich an einem AC/DC – lastigen Riff, bleibt aber textlich wie auch in der klanglichen Umsetzung hinter ‚Lorraine‘ zurück und schafft es leider keinen wirklichen Druck aufzubauen. Dennoch: Stabile Nummer. ‚The Ride‘ – wunderschöner Titel, auf den man sich auch live freuen kann. Hier klingt HAUSE authentisch, gereift und im Vollbesitz seiner künstlerischen Kräfte, wenn er auch das Bridge-Prinzip mit leichten ADAMS Anleihen manchmal etwas sehr ausreizt. ‚Helluva Home‘ überzeugt sofort durch die Mundharmonika und die offenen Akkorde. Zwar ist es melodisch wieder Schema F, aber das stört nicht weiter, denn der Song geht direkt ins Ohr und lässt erahnen, wie es klingen wird, wenn ein Club den Solokünstler gesanglich bei dieser Nummer unterstützen wird. ‚Wild Love‘ – ist ein Stück der Kernessenz die DAVE HAUSE ausmacht: Simpel, rustikal, ehrlich, und letztendlich ‚Bury Me In Philly‘, ein Punk-Rock-Springsteen Song, zudem eine Hommage an die Geburtsstätte dieses grandiosen Songwriters. Somit hätte dieser Song auch am Anfang des Albums hätte stehen können, denn er ist subjektiv betrachtet besser als das nicht allzu starke ‚With You‘.

Insgesamt fehlt der Platte eine gewisse klangliche Tiefe. Drumming und Bass-Spiel können beinahe als langweilig betitelt werden und es fehlt – trotz der Jahre die zwischen den Veröffentlichungen liegen – nicht an guten Songs, aber doch irgendwie an großen Hits, wie 'The Shine' oder 'Resolutions'. Auch sind Durchhalte-Parolen des urbanen Arbeiter-Ethos bei aller Authentizität irgendwann ein bisschen überstrapaziert. Doch DAVE HAUSE durchbricht diese altbekannten Muster glücklicherweise immer wieder, sodass „Bury Me In Philly“ ein solides Album geworden ist. Es ist das nicht das Beste seiner bisherigen Karriere, aber das kann man auch nicht immer erwarten. Würden insgesamt wieder mehr Platten ver-/gekauft werden, dann hätten manche KünstlerInnen auch genügend Kapital und somit Zeit und Muße sich dem Schaffen wirklich großer Kunst zu widmen. Bis dahin muss man sich mit durchschnittlich (guten) Alben zufriedengeben, aus denen vereinzelte Songs hervorstechen.

Autor

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Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.