Das ist Wahnsinn, warum… Ok, diese vier Worte sollten genügen um für den restlichen Tag mit einem Ohrwurm von WOLLE PETRYS größten Hit gesegnet zu sein. DER WAHNSINN, also der Name, lädt aber auch dazu ein.
Wie findstn DER WAHNSINN? – Der Wahnsinn. – Ja. Wie findstn die nu? – Na der Wahnsinn. – Genau, DER WAHNSINN. Und?
…so weiter. Vorab: Der absolute Wahnsinn ist diese Debutplatte nicht. Aber dennoch wahnsinnig gut. DER WAHNSINN ist eine Zwei-Personen-Crew, welche sich selbst aus „kapitalistisch-materialistisches Punkrock-Duo“ bezeichnet. Dank ROYAL BLOOD sind Band-Duos derzeit absolut trendy und wie auch bei der eben genannten Band aus GB fehlt bei DER WAHNSINN aus Hamburg kein drittes Mitglied. Schlagzeuger Steven gibt den Takt vor und lädt zum Tanz, Sänger und Bassist Werther Wahnsinn gröhlt und schreit und singt und spielt nebenher groovige Riffmonster, welche eher im Stoner- und Rock´n´Roll-Bereich zu Hause sind, als im klassischen Punk. DXBXSX lassen grüßen.
Die beiden Musiker sind super eingespielt, alle Songs klingen homogen, jedoch recht ähnlich. Der eigentlichte Punk findet sich in den Texten wieder, welche den großen Pluspunkt des Albums ausmachen. Ironische Sozialkritik, anti dem System, Kapitalismuskeule und AfD und Pegida nimmt man gekonnt aufs Korn, ohne dabei wie der besserwisserische große Bruder mit dem moralischen Zeigefinger zu sein. Tolle Sache. Dazu gesellt sich feinster schwarzer Humor, bsp. im konsumkritischen Song „Fleisch“:
„Steffi ist schon weit über die dreizig und schon lange nicht mehr geil.
Regelmäßig macht sie alles ohne, denn sonst kommt kein Schwanz vorbei.
Hühner, Schweine, Kühe – sag mal, wie seh´n diese Viecher nochmal aus?
Fleisch in vielen Formen geht in Deutschland rein und raus und rein und raus…“
Der Song wurde als Single mit einem wunderbar provokanten Video unterlegt:
Etwas schade ist, dass der Part von SWISS vom Album geflogen ist. Der Song „Ich“, welcher halbironisch die Themen Arroganz und Egoismus behandelt und dabei in seiner Aussage mehr Wahrheit offenbart als einem lieb ist, wurde bereits 2015 veröffentlicht und beinhaltet in seiner Ursprungsversion ein Feature des Hamburger Rappers, welches sich auf dem Album nicht mehr finden lässt. Schade, schließlich sind die Crossover- und Punkflirtereien des Hamburgers in der Regel verdammt gut.
„Ich hab zwar nichts gegen Ausländer, aber ÜÜÜÄÄÄHHHH.“
Highlight des Albums ist die weitere Single „Paguda“. „Paguda“ steht für „Potenzielle Ausländer gegen den Untergang des AberLandes“ und nimmt dabei all jene „Ich hab zwar nichts gegen Ausländer, aber…“-Kandiaten ins Visier. Die musikalische Umsetzung, insbesondere im Refrain und der zweiten Strophe ist großartig. Stonerpunk, etwas metallische Umsetzung, Zynik und Ironie. Passt super zusammen.
Minuspunkt des Albums ist die im Laufe der Spielzeit einsetzende Monotonie. Abseits der facettenreichen Themen und der kreativen, intelligenten Texte, klingen alle Songs intrumental recht ähnlich und bieten nur geringe Abwechslung. Die Riffs ähneln sich regelmäßig und das Tempo variiert nur wenig auf Albumlänge. Das schmälert den Gesamteindruck etwas, fällt bei der abschließenden Bewertung aber nur gering ins Gewicht, da DER WAHNSINN den Eindruck erwecken, dass die Message wichtiger ist, als die Suche nach der großen Songwritinginnovation. Diese Message kommt an und wird in 12 ähnliche, aber allesamt gute bis sehr gute Songs verpackt.
ABER: Die 11 Livesongs, welche sich direkt im Anschluss der eigentlichen Platte befinden, hätte die Band getrost weglassen können, klingen sie doch nahezu identisch wie die Studioaufnahmen.
