Pöbel-Punk für den Punk-Pöbel? So simpel, wie DEUTSCHE LAICHEN sich auf den ersten Blick geben, sind sie lange nicht.
Ok, netter Versuch. Schön auf die falsche Fährte locken mit diesem träumerischen, beinahe shoegazigen Intro zu „For A Start“. Der gekonnt vorgegaukelte Schönklang wird abrupt mit einem heiser-rotzig geschrienem „RISE!“ beendet und damit der Punk von der Leine gelassen. Und doch: Die Gitarre kann nicht anders, als sich eine eingängige Melodie zusammenzuschrammeln. Ab hier regiert dann aber erstmal Punk im Punk-Sinne: Die Frontfrau rotzt die mal englischen, mal deutschen Texte ins Mikro und gibt sich alle Mühe, schief zu klingen, nervt aber nie. Das passt sehr gut zum Fundament aus rumpeligem (Deutsch-)Punk, wie er Ende der 80er und Anfang der 90er zelebiert (hihi) wurde. Also eher SLIME und POPPERKLOPPER als MUFF POTTER oder …BUT ALIVE. „Emanzenlesbenschlampen“, das ohne weitere Erklärung auskommt, ist da ein gutes Beispiel. Aber DEUTSCHE LAICHEN sind keine Dilettanten an ihren Instrumenten. Nein, unter all dem Lärm verbirgt sich eine gehörige Portion Musikalität und songwriterisches Können. Die Songs werden nicht nur stumpf runtergebolzt (aber: auch), nein, man gönnt dem Asselpunk einiges an Variation. Das abgefahrene „Warm Bodies“ zum Beispiel galoppiert schrammelig los, steigert sich kurz in blastbeatartiges Tempo, zieht dann aber urplötzlich die Handbremse und baut nach dem Break dramatische Spannung auf. Flirrende Gitarre und hypnotischer Gesang vereinen sich mit lauerndem Bass und groovigem Schlagzeug, bis alle zusammen wieder das Gaspedal durchdrücken. Textlich halten es die selbsternannten Mackerschubser*innen derb und überdeutlich („Bullen“, „Emanzenlesbenschlampen“, „Menschen=Scheiße“), überraschen aber auch mal mit feinster Punkpoesie: „Im Delirium – kann man sagen was man will – und wie das Bier zu mir spricht: Mach mich alle, den Rest mach ich“. Diese Zeilen setzen dem ob seiner hittigen Eingängigkeit sowieso schon hervorragenden „Von Mackern und Pumas“ die Krone auf. So eingängig es immer wieder wird, so wenig verlieren die Göttinger*innen dabei an Aggressivität: „My Cunt My Business“ tanzt Pogo durch den Raum und schrei jedem Angerempelten seine unmissverständliche Aussage ins Gesicht. Manches muss eben so direkt wie möglich gesagt werden.
Feminismus, Sexismus, Polizeigewalt, Diskriminierung, Selbstbestimmung: Wer jetzt angenervt fragt „Echt, schon wieder?“, der hat entweder Punk nicht verstanden oder vergessen, in was für Zeiten wir leben. Vielleicht war es nie wichtiger, dass es Bands wie DEUTSCHE LAICHEN gibt, die der Gesellschaft und auch der eigenen Szene unnachgiebig den Spiegel vorhalten. Danke fürs Pöbeln, bitte niemals aufhören.