Plattenkritik

Devin Townsend - "Epicloud"

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 21.09.2012
Datum Review: 24.09.2012

Devin Townsend - "Epicloud"

 

 

Devin Townsend is back! Und das mit einem erwartet unerwarteten Ansatz, dem das neue Album des DEVON TOWNSEND PROJECT „Epicloud“ folgt: Alles kann, alles darf, nichts muss – aber bitte stets in absoluter positiver Art und Weise. „Epicloud“ ist so schwer zu beschreiben, dass man es sich wahrlich selber anhören und eintauchen muss in die Vielzahl von Klängen und Harmonien, die von unterschiedlichsten Instrumenten herrühren.

„Epicloud“ ist in der Tat himmlisch episch, wie sein Schöpfer es auch geplant hatte. Jeder Song beinhaltet pompöse Mitsing-Hymnen, einen absolut positiven Vibe und neben der äußerst positiven Lyrik, kombiniert der Großmeister einfach mal Popmusik, die wunderschön und nicht aufdringlich pathetisch ist, mit Metalriffs, die belegen, warum er zu Recht als einer der begabtesten Metal-Musiker seiner Zeit gefeiert wird. Ohne jegliche musikalische Barriere, denen sich viele Musiker ausgesetzt sehen, und welche man teils auch selbst erschafft, komponiert der Musiker und Produzent ein 15 Titel starkes Album, in dass sich meine Ohren sofort verlieben.
„Where We Belong“ nimmt mich ganz weit mit sich an einen Ort in meiner Fantasie, der durch die Klänge des Songs zu einem Abbild des Horizonts werden, als wäre ich ein Flugkörper, der durch dichte, weiße Wolken fliegt (nein, ich habe noch nie in meinem Leben Drogen genommen, bin zu diesem Zeitpunkt absolut nüchtern gewesen und bin auch sonst kein all zu großer Romantiker). „Save Our Now“ ist dann so niederschmetternd schön, dass die pure Freude in dem Song gerade zu ungewohnt und niederschmetternd ist. Handeln doch viele Songs von negativen Gefühlen und Erfahrungen, bleibt Townsend auf „Epicloud“ bei dem Prinzip: Führe den Hörer ins Licht der Zufriedenheit.
Vielstimmige Chöre in „Effervescent!“, „Kingdom“ eine Metalattacke mit operettenhaften Gesang, der (wie viele andere) von dem Kontrast der Stimmen von Devin und Anneke Van Giersbergen lebt. So etwas habe ich noch nie gehört. Derart 'hartes' Songmaterial, was zugleich unglaubliche melodiös ist, das auf eine Art dargeboten wird, das man sich zu der Doublebass dennoch ein verliebtes Paar im Reigen tanzen sieht. „Lucky Animals“ ist ein absoluter Hit, in dessen Art man ein ganzes Musical machen könnte oder eine Bourlesque-Show.

Ich komme nicht umhin wieder einmal meine Respekt ganz klar auszudrücken vor einem Mann, der ein die Wälder ging und zu sich selber fand. Der ganz ohne „bewusstseinserweiternde Substanzen“ sein Bewusstsein erweiterte und das des aufmerksamen Hörers.
Wer den Vier-Alben-Zyklus mit „Ki“, „Addicted“, dem genialen „Ghost“ und „Destruction“ gefeiert hat, der wird „Epicloud“ verehren! Man nehme nur das in der Tat göttliche „Divine“: Ein sanfter Song, der nur auf Stimmen, einer äußerst prägnanten Basslinie, ein paar Streichern und hier und da ein zwei Gitarrentöne beruht, der eine derart intensive Atmosphäre besitzt, dass ich eine Gänsehaut bekomme. 'Loving you is divine!' - eine kitschige Zeile, wie man sie auf billigen Valentinskarten findet, aber in diesem Kontext einfach die reine Wahrheit ist und zugleich derart berührt, dass ich ins Wohnzimmer gehen und meiner Freundin die Stirn küssen musste. Furchtbar!

Ich könnte nun zu jedem Song noch etwas sagen, ist aber quatsch! Holt euch die Scheibe und genießt sie so sehr wie ich. Hier habe ich ein Stück persönliche Musikgeschichte in der Hand, das alles bietet, was man sich wünscht: Härte, eingängige Melodien, tiefgründige Texte, eine vielseitige Instrumentierung, die im Grunde im klaren Kontrast zu einander steht (Metal mit Bläsern? Kannte ich bislang nicht), doch hier in perfekter Harmonie mit einander verfließt und etwas einzigartiges schafft. Also wenn das keine Beachtung findet stimmt was mit dieser (Musik)Welt etwas ganz und gar nicht!
Und ich mochte STRAPPING YOUNG LAD eigentlich nie. War verrückt, aber mir nicht zugänglich und Devin mir zu abgefahren. Doch mit „Epicloud“ hat er uns allen ein Geschenk gemacht. Ob wir nur Rezipienten sind oder selber Mucker. Hier werden Grenzen überwunden, Mauern eingerissen und Brücken gebaut.
Wie er selber sagt: „Der Gedanke, einen Gospelchor in Harmonie mit ziemlich weltlichen Statements zu Spiritualität, Leben und Verlust zu bringen, ist etwas, das eine größere Anzahl von Menschen genießen kann, während sie luftige emotionale Höhen erreichen. Ich bin von der Kraft fasziniert, die Musik innewohnt, welche mit vielen menschlichen Stimmen gemischt ist. Und diesen Sound auf ein Grundthema aufzusetzen, das nicht predigt, empfinde ich als sehr befriedigend. Die Philosophie hinter diesem Album ist, das Leben zu zelebrieren. Der Ehrfurcht vor dem Universum ohne Dogma oder Agenda gegenüberzutreten (…).“
Oder einfacher gesagt, wie im Refrain von „Liberation“: „Let´s Rock!“

Mich stört nur der etwas klinische Sound. Es klingt sehr 'elektronisch' und dadurch manchmal in meinen Ohren nicht sehr organisch und lebendig. Ich hätte mir mehr Wärme im Klang gewünscht. Daher würde ich eine 9,5 geben. Da wir die nicht haben und nur auf- oder abrunden können, will ich, wie dieses Werk, einfach mal meine eigenen Grenzen überwinden und Fünfe gerade sein lassen. Ich gebe 10 Punkte.



Track Listing:

1 Effervescent!
2 True North
3 Lucky Animals
4 Liberation
5 Where We Belong
6 Save Our Now
7 Kingdom
8 Divine
9 Grace
10 More!
11 Lessons
12 Hold On
13 Angel

Autor

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Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.