Während einer globalen Pandemie eine Hardcore-Band haben: Kein leichtes Unterfangen. Die Szene lebt von den Live-Shows, die Halbwertszeit der Bands beträgt oft nur wenige Alben und einige Jahre. DRIP-FED aus Texas waren in der prä-Corona-Zeit mit SLOW JAMS aus Berlin auf Europatour, so dass sie immerhin einigen Leuten ein Begriff sind. Zweieinhalb Jahre später steht mit „Kill the Buzz“ nun das zweite Album in den Startlöchern, das auch über das Kölner Label I.Corrupt.Records vertrieben wird.
Die Vorab-Singles „Move Right Through Me“ und „Moonlighting“ haben einen guten Einblick in das gegeben, was uns auf dem Album erwartet: Ein dynamischer, vielseitiger Hardcore-Sound auf einem sehr soliden Rock-Gerüst. Aufgenommen im heimeigenen Studio, gemixt und gemastert von Fachleuten, die bereits mit SAOSIN, MOOSE BLOOD, CONVERGE und THE DILLINGER ESCAPE PLAN zugange waren. Soundtechnisch ist hierbei eine sehr hochwertige LP entstanden, wobei die Musik selbst in eine ganz andere Richtung geht als die oben genannten Referenzen. Erfrischenderweise lassen sich DRIP-FED weder in die seit Jahren stabile Mosh-Ecke noch in die ebenfalls wellenförmig wieder aufgetauchte Youth-Crew-Ecke stellen. Gemäß der Theorie, dass sich alle Hardcore-Bands der letzten 15 Jahren entweder als von NO WARNING, von CHAMPION oder von AMERICAN NIGHTMARE „stark beeinflusst“ einordnen lassen (klar gibt es hier Ausnahmen, siehe TURNSTILE), träfe hier wohl am ehesten letzteres zu, wobei DRIP-FED die kühle Ästhetik fehlt. Auch in meinen Ohren „moderne Einflüsse“ wie ein verspieltes DC-Riffing (das mich an GIVE denken lässt) und gesprochene Passagen (die mich an frühe ANGEL DU$T denken lassen) sind ins Soundgemisch verwoben. Unter dem Strich könnten sich DRIP-FED ungeachtet dessen problemlos in frühe 2000er-Bands einreihen (wie THE SUICIDE FILE und THE HOPE CONSPIRACY), ohne dass es besonders auffallen würde – außer vielleicht in Ansätzen beim balladesken „Moonlighting“ oder beim ebenfalls poppig anmutenden „24 Hour Fireworks Stand“ – was durchaus als eine Art Ritterschlag zu verstehen ist.
Innerhalb des Hardcore-Kosmos betrachtet ist „Kill the Buzz“ ein herausstechendes Werk, außerhalb des Hardcore-Kosmos würden sich dem Hörer über die 30 Minuten Albenlänge vermutlich die Frage nach der Redundanz aufdrängen. Tatsächlich hätte man im Sinne des „eine gute Hardcore-Band kommt in 20 Minuten auf den Punkt (live und auf Platte)“ vermutlich ohne große Verluste auf zwei bis drei Songs auf der B-Seite verzichten können, aber das ist die gewohnte Kritik auf hohem Niveau. Eins ist sicher: Live wird das zünden. Bleibt zu hoffen, dass DRIP-FED bald die Gelegenheit dazu bekommen. Die Zeit fliegt, und in ihrem Genre tut sie das in Überschallgeschwindigkeit.