No FOMO, all Emo? Auf Album Nummer zwei bieten ELM TREE CIRCLE neben kryptischem Titel modernen Emorock am Puls der Zeit.
Kein Review zu „NO FOMO“ kommt ohne eine Erklärung des Titels aus, auch dieses nicht: „FOMO“ steht für „Fear Of Missing Out“ und meint ein Phänomen des digitalen Zeitgeists und „beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben“ (Wikipedia). Wer ebenfalls Angst hat, etwas Angesagtes zu verpassen, der sollte ELM TREE CIRCLE aus Isernhagen besser spätestens jetzt auf dem Schirm haben. Ihr Debüt „The Good Life“ ist immerhin schon zwei Jahre alt und wurde von der Musikpresse mit ordentlich Wohlwollen aufgenommen. Damals wie heute spielen ELM TREE CIRLCE modernen Emorock, der mit Einflüssen aus Grunge und Alternative zwar auf Höhe der Zeit agiert, sich aber auch öfter mal den Blick in den Rückspiegel erlaubt und die frühen 2000er zitiert, als Pop-Punk und Emo ihre goldene Zeit erlebten. So überzeugt „I Got It“ mit satten Stakkatoriffs und schöner Hookline im Chorus. „Tripping“ erinnert im Einstieg frappierend an „New Eyes Open“ von THE DRAFT und macht auch darüber hinaus eine gute Figur, während sich der Eröffnungstrack „Flow“ mit der interessanten Gitarrenspielerei auch auf dem aktuellen Album von BLINK 182 gut gemacht hätte. Überhaupt, die Gitarren: Auf der einen Seite spielt die Lead durchgehend herzwärmende Emomelodien, auf der anderen Seite sehnt man sich besonders in den Refrains nach mehr Verzerrung und zupackenden Powerchords. Etwas mehr Tempo und Punch hier und da würde für dringend benötigte Dynamik sorgen, die durch fast durchgängiges Midtempo und den leicht lethargischen Gesang leider weitestgehend auf der Strecke bleibt. „Walking On Doom“ ist ein gutes Beispiel: Auf den schön verträumten Einstieg folgt noch ein spannungssteigender Prechorus, der ersehnte Ausbruch aber bleibt aus. Ein ähnliches Schicksal ereilt „All About You“, das in der Strophe mehr Spaß bereitet als im Chorus. Davon abgesehen aber bietet „NO FOMO“ einige tolle bis großartige Momente für alte und junge Genrefans, wie im abschließenden „Done Running“, dem neben „I Got It“ stärksten Song des Albums: Hier stimmt so ziemlich alles, angefangen beim emocorigen Einstieg, über die schmissig-melancholische Strophe bis zum druckvollen Chorus. So beschließen ELM TREE CIRCLE ein unterm Strich gelungenes zweites Album, welches das zweifellos immense Potenzial nicht immer in mitreißende Songs umwandeln kann, am Ende aber trotzdem Spaß macht.