Wenn dem Bruder zwei Tage vor dem erfolgversprechenden Einstellungsgespräch gesagt wird, dass man die Stelle nun doch intern besetzt, dann dämpft das gelinde gesagt die Stimmung. Der Arbeitsmarkt ist scheinbar eine sich gute Laune einverleibende Kreatur, die mir den letzten Tag in der Heimat vermiesen möchte. Fast nichts würde nun besser passen als ein Eels Album, denn wer kennt sich besser aus mit Rückschläge und emotionale Tritten die ganz tief in die Eingeweide gehen. In etwas mehr als einem Jahr veröffentlicht E jetzt schon das dritte Album. Bei fast allen Alben der Eels war der Antrieb die Seelen- wie auch die realen Qualen. Wer einen Song über die Selbstmord seiner Schwester mit den Zeilen 'My name is Elizabeth, my life is shit and piss' enden lässt, der war schon ganz unten. Zuletzt hat er noch mit überraschend bluesigen und auch sanften Tönen die Endzeit eingeläutet.
Aber nun... 'In Gratitude For This Magnificent Day'. Keine Ironie, ein schlankes von elektronischen Klängen geleitetes Instrumental, welches den morgendlichen Grauschleier über der Wiese zu vertreiben vermag. All die Sekunden, Minuten, all die Tage, die Wochen und die Jahre meines Lebens, es war alles wert um nun hierzu sein, heißt es dann in 'Hummingbird'. Diese Textzeilen von einem Menschen der seine Biographie 'Glückstage in der Hölle' nennt, lassen die ersten Sonnenstrahlen auf das satte Grün. Wieso sollte man auch am Morgen schon verzagen, 'why won't you have the greatest day' ('In The Morning'). Immer noch dominieren, von elektronischen Instrumenten hervorgerufene, sanfte Klänge. Die beiden Vorgängeralben waren eher noch Gitarrenalben, mal verzerrter mal zurückhaltender, aber immer an den sechs Seiten orientiert.
Bei 'My Baby Loves Me' zieht das Tempo dann an, die Gitarren bleiben indes noch zurückhaltend. Was hier vorantreibt ist ein Schlagzeugbeat, der in dieser Art die Eels seit ihrem Debüt begleitet. 'My tired body is breaking down, the world is ending soon, it's all crumblin at my feet, not sure what to do', alles egal denn mein Mädchen liebt mich und sie ist klüger als ihr. Von da weht also der Wind. Der bisher untypische optimistische Ton hat einen klaren und realen Grund. Das die Liebe einer Frau selbst einen gebeutelten Mann wie Mark Oliver Everett nochmal aufrichten kann, gibt Hoffnung. Scheinbar ist die unbekannte Schönheit aber auch ein 'Spectacular Girl', welches die Schönheit in Dingen sieht, wohin wir gar nicht erst unseren Blick richten. Der Song scheint irgendwie aus der Zeit gefallen, er schließt das Möbiusband, denn bis auf den Text könnte er genauso auf dem Debüt der Eels passen.
Seine selbstverfasste Kontaktanzeige geht dann den bisher verfolgten Weg auf Tomorrow Morning konsequent weiter. Lass die Vergangenheit, ich bin bereit für den nächsten Schritt 'for all the wear and tear I look okay […] and you know I'm full of love for you'. Soviel Sonnenschein kann auch mal die Netzhaut reizen. Musikalisch geht es weiter in Richtung eines Konglomerats seiner bisherigen Geschichte. Etwas 'Blinking Lights...' hier, bisschen 'Beautiful Freak' da und die 'End Times' werden auch nicht vergessen. Einzig die raueren Stellen von 'Souljacker' oder 'Shootenanny' werden ausgelassen. Aber die würden bei all dem Schöngeist, dem Optimismus und der Glückseligkeit auch nicht passen. Was sucht Wut dort, wo die Liebe regiert. Hier passen mehr Geigen und sanfte Elektronik, selbst geschlagene Gitarren wären vielleicht zu aggressiv.
Und E wird nicht müde seinen Geisteswandel weiter zu predigen 'I feel my heart changin' in mysterious ways […] how can I tell you how grateful I am'. Er hat den Kopf in den Wolken und man freut sich mit ihm, dass er neuen Lebensmut, einen neuen Sinn gefunden hat. Dennoch ist man im Laufe des Albums irgendwann gesättigt. Dem Gospel 'Looking Up' scheint die Sonnen dann schon zu sehr aus dem Arsch. Die letzten drei Songs können dem bisher Gesagten auch nichts neues mehr hinzufügen. 'I Like The Way This Is Going' wäre ein paar Songs früher ein passender Schlusspunkt für Tomorrow Morning gewesen. Denn hier wird roten Faden nochmal aufgerollt und als zusammenfassendes Knäuel präsentiert.
'I don't care about the past, none of it was made to last, it's not what who you've known, but who you're knowing, I like the way this is going'
Insgesamt lässt sich sagen Stagnation auf hohem Niveau, welche immerhin eine dreiviertel Stunde die Sonne rein lässt. Man freut sich mit und für Mark Oliver Everett, aber übermorgen sieht man doch wieder die ersten Wolken vor die Sonne wandern. Soviel Optimismus kann auch erschrecken.
Tracklist:
01 in gratitude for this magnificent day
02 i'm a hummingbird
03 the morning
04 baby loves me
05 spectacular girl
06 what i have to offer
07 this is where it gets good
08 after the earthquake
09 oh so lovely
10 the man
11 looking up
12 that's not her way
13 i like the way this is going
14 mystery of life