Wollt ihr Punk? Wollt ihr Dreck? Wollt ihr Suff? Was wollt ihr denn? FIDLAR haben Scratches, ausgenüchterte Lyrics oder wahlweise Akustiksongs im Angebot.
Wer mit dem selbstbetitelten Debüt der Surfdrunks vertraut ist, nimmt Titeln wie "Sober", "Overdose" oder "Stupid Decisions" natürlich nicht die Bohne an veränderter Grundeinstellung ab. Dennoch hinterlassen die Monate nach "Fidlar", in denen sich die vier Kalifornier mit jeder Menge Alkohol und Pillen in den Tourbus haben sperren lassen, auch künstlerisch ihre Fussabdrücke. So klingt bereits der Aperitif "40 Oz. On Repeat" auffällig fett und bauchig produziert. Zac Carper springt und schleift seine Stimme von Heulsuse bis Hasskappe und zurück: "Everybody´s got somebody, everybody but me / Why can´t anybody just tell me that I´m somebody?" heisst es vorne, während im Hintergrund der musikalische Hut vor den auch im Videoclip gehuldigten Protagonisten gezogen wird: Catchyness und Pop-Touch liefern etwa garagige WEEZER, zur Beat- und Breakattacke im Refrain würden auch die BEASTIE BOYS mit dem Kopf nicken.
Erstmals liessen sich FIDLAR für "Too" mit einem Produzenten ein, der - ähnlich wie jüngst bei REFUSED - eigentlich fernab von Noise und Schmutzrock Tracks von KEITH URBAN, CARRIE UNDERWOOD oder ERIC CHURCH zurechtstreichelt. Dennoch lohnt sich die Mühe von Jay Joyce, den die Band womöglich über die gemeinsamen Freunde von CAGE THE ELEPHANT ins Spiel brachte: "Drone" ist ein unkomplizierter, vorlauter und direkter Schrammelpunksong zwischen WAVVES und THE HIVES, "Hey Johnny" liefert später vernebelten Avenuerock, der perfekt in das rotte Strassenbild von FIDLARs Heimatstadt Los Angeles passt. Sonnenbrille und Boardshort kommen zum Einsatz wenn sich "West Coast" einen Dreck um Verpflichtungen und "9 to 5" kümmert und lieber mit den Kumpels und der Schnapspulle die Küste entlang braust. Nicht nur abgehangene Texte, sondern sogar unterschiedliche Snaredums haben sich FIDLAR die zweiwöchige Aufnahmesession zu "Too" in Nashville kosten lassen. Jene von "The Punks Are Finally Taking Acid" schwimmt mitsamt Schellenkranz durch Psychrock und Garage, bei "Stupid Decisions" sorgt Schlagzeuger Max Kuehn hingegen für schleppende Dope-Grunge-Takte.
Punk, Suff und Dreck sind allerdings nicht die einzigen passenden Prädikate für das zweite, offenere Album der Kuehn-Brüder an Drums und Gitarre sowie Frontmann Carper und Bassist Brandon Schwartzel: "Why Generation" groovt 70´s-artig über tippelnder Gitarrenmelodie und erklärt dem Nachwuchs mit großen Chorusharmonien die Welt, später finden FIDLAR erst im letzten Viertel des bekloppt-gehauchten Ruhepols "Overdose" Zeit für einen kurzen Chaos- und Distortioneinschub.
Dank der nicht zu penibel austarierten Balance zwischen krachend-adoleszenter Rücksichtlosigkeit und schöngesoffenem sommerlichem Pop kann "Too" auf mehr Ebenen mithalten, als es noch auf dem roheren Debütalbum der Fall war. Keine Einbusse, keine Ausfälle - und hoffentlich kein rückfälliger Zac Carter, der "Too" inhaltlich nutzt, um seinem erfolgreichem Entzug mit Zeilen wie "I figured out as I got older, that life just sucks when you get sober / I figured out as I got sober, that life just sucks when you get older" ins Auge zu schauen. Darauf erstmal ne Büchse Billigbier. So what. Fuck you.