Fünf Kalifornier kämmen Metal und Hardrock für die Massen zurecht. Wie und warum haben sich FIVE FINGER DEATH PUNCH selbst - und viele Neider und Weggefährten über die Jahre gleich mitgelehrt. "Got Your Six" sendet neue Beweisbeiträge aus dem Untergrund und stellt klar, weshalb man langhaarige Typen mit Kettensägen vor Endzeitszenarien auch heute noch gerne Ernst nehmen darf.
Messerscharf und sensibel zugleich ist ebenso Devise des sechsten Albums der Band, die über die letzten Jahren trotz fragwürdiger, interner Vorfälle noch Absatzrekorde in einem völlig übersättigten Genre verzeichnen konnte. Wie sich wohl "Boots And Blood" mit seinen dreihundertsiebenundsechzig "Fucks" im heimischen Formatradio macht? Und was sagen die Eltern von eben noch artigen Highschoolbuben, die das Coverartwork sonntags provokativ auf dem Kaminsims aufstellen? FIVE FINGER DEATH PUNCH könnte nichts egaler sein - erst Recht nicht in einer Zeit, in der Metal(-core) größte Hallen füllt. Der eröffnende Titeltrack ist so selbstbewusst wie unbarmherzig und findet für chirurgische Riffs der Marke RAMMSTEIN ebenso ein Zuhause wie für brutale Moshparts und ein einschneidendes Gitarrensolo. Auch der weitere Verlauf des Nachfolgers zur Doppeldröhnung "The Wrong Side Of Heaven And The Righteous Side Of Hell" spielt munter mit Gegensätzen aus massiven Groovekanonen und zerbrechlichen Formatrock-Hooks. "Wash It All Away" liefert ein schönes Beispiel, welches sich breitbeinig zwischen VOLBEAT, DISTURBED und BULLET FOR MY VALENTINE aufbaut. "No Sudden Movement" zieht das Proll-Los, steckt sich die Taschen voll mit Thrash und Gangvocals und schleift die Axt mit, bis im Chorus die Industrial-Tore aufspringen.
"Ain’t My Last Dance" lebt ebenso mehr von der Ausführung als von der Idee oder der Innovation hinter dem Song: Alles schonmal gehört, alles schonmal durchgezogen und abgefeiert. Druck und Technik stimmen trotzdem, auch ein herzerwärmender Refrain zum Reinknien geht immer. Den haben FIVE FINGER DEATH PUNCH nach zehn Jahren im Geschäft verfeinert und großspurig aufbereitet, wie auch der Bilderbuchbrecher "Question Everything" unterstreicht. Ivan Moody mag nicht das sympathischste Gesicht der Szene sein, am Mikrofon jedoch liefert er Qualität und Ballaststoffe - und macht seinem Nachnamen alle Ehre: Von Flüsterstrophe über Inbrunst bis zu apokalytischen Growls braucht es kein Pendant zu dem überzeugten Ziegenbartträger. Taktisch sinnvoll in der Albummitte platziert, schluchzt sich Moody zu "My Nemesis" durch Distortion und Doublebass - was dem Hipster seine Mate ist dem Metal seine Ballade. "I gave you everything / And in return you gave me nothing / Show me a sign, please give me anything / I will not hide from what's inside of me" Nun ja, tiefe Griffe in die Lyrikkartusche sind auf "Got Your Six" nicht unbedingt der Maßstab. Eher fügen FIVE FINGER DEATH PUNCH mit Stücken wie "Meet My Maker" oder dem klumpigen, durchproduzierten Single-Stampfer "Jekyll And Hyde" logisches zusammen um auf ein für sie bestmögliches Ergebnis zu kommen. Das Artwork zieht alle Register, und wer die ABC-Refrains nicht nach zwei Durchläufen draufhat, lernt sie eben "on the go" - zum Beispiel in der regionalen in der Metaldisco. Denn feiern lässt es sich zu "Got Your Six" alle Male - in bester kalifornischer Manier - breitspurig und überzogen.