Ich habe lange keine Bestnoten mehr vergeben. 6, 7, 8 Punkte - okay. Aber darüber hinaus bin ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gegangen. Meine letzte Empfehlung ist Monate her, was allerdings nicht daran liegt dass in letzter Zeit nur schlechte Platten veröffentlicht wurden. Im Gegenteil. Ich schmeiße einfach ungern mit Empfehlungen um mich. Man muss das Ganze realistisch sehen: Ein Album kann gut sein, ein Album kann sehr gut sein und ein Album kann soooo gut sein, dass man eine Empfehlung ausspricht. Bei FREIBURG ist es nun endlich wieder der Fall.
FREIBURG ist nicht nur ein über 200.000 Einwohner großes Städtchen (mit Bundesliga Verein und viel gutem Wein) im Herzen des Breisgaus, sondern auch Namensgeber der Gütersloher Emo-Punk Band FREIBURG, die seit nun mehr 6 Jahren durch die Republik tingelt.
Irgendwo zwischen Post-Punk und einfach Punkgeknüppel machen es sich die Gütersloher gemütlich und machen damit genau das, was im Deutsch Punk gerade so angesagt ist. Sie paaren emotionale, deutsche Texte, die Bilder erzeugen und einem Spielraum geben, sich seine ganze eigene Geschichte zu den Texten auszumalen(, anstatt einem Parolen, ohne großen Deutungsspielraum entgegen zu schmettern,) mit Emo, Hardcore, Post und Punk Elementen. „Das schlimmste ist wenn das Bier alle ist“, „Saufen, Saufen, jeden Tag nur Saufen“ oder „Nazis aufs Maul“ sind schon lange nicht mehr die Textzeilen, die Punk definieren. Der Punk des 21. Jahrhundert ist durchdachter, schlauer, aber immer noch genau so klar in seinen Inhalten. Genauso auch FREIBURG. Textlich versierter, instrumental durchdachter, sowie um einiges härter und vor allem produktionstechnisch glatter und schlicht besser.
Nach den (eher) positiv klingenden Albumtiteln „High Five Zukunft“ und „Aufbruch“ ist der Albumtitel „Brief und Siegel“ , genau wie die Farben des Covers, eher neutral gehalten – ganz im Gegenteil zur Musik. Diese ist wuchtiger und kompromissloser als jemals zuvor. Man merkt FREIBURG die Erfahrung an, die Sie mit ihren 2 zuvor veröffentlichten Longplayern und all den gespielten Konzerten sammeln konnten. Alles wirkt durchdachter, genauer und bringt somit das Gesamte mehr auf den Punkt. Dies wird zusätzlich von der diesmal wirklich guten Produktion unterstrichen, die die großen Momente erst richtig groß werden lässt. Klein ist klein und groß ist groß und nicht irgendwas dazwischen. Das Schlagzeug gibt unmissverständlich den Weg vor und die Gitarren und der Bass drängen lautstark hinterher. Aus dem Einheitsbrei wurden einzelne, unmissverständliche Komponenten, die alle für sich selbst rauszuhören sind. Alle Textpassagen sind gut verständlich und werden nicht, wie auf den Alben zuvor, von knisternden Gitarrenspuren übertüncht, womit sich FREIBURG endlich auch inhaltlich komplett entfalten können.
Mit 10 Liedern ist „Brief und Siegel“ (für ein Album) zwar nicht das längste Album, reiht sich damit aber in die Reihe der zu vorigen Alben (Album 1: 11;Album 2: 10) ein. Qualität statt Quantität, hat noch nie so sehr gepasst wie hier. TURBOSTAAT, FRAU POTZ, PASCOW, DÜSSENJÄGER, KOETER,… spätestens jetzt spielen FREIBURG mit, in der Champions League des deutschen Studentenpunks.