War das damals nicht schön, als man dieses mehr als zerbrechliche "Man Overboard" hörte, mit dem sich FAR in die Herzen ihrer späteren Liebhaber spielten? Die Zeiten, zu denen Emo noch nicht als Schimpfwort benutzt wurde und Bands wie MINERAL oder eben auch FAR in aller Munde waren. Und plötzlich wurde es still, kein neuer Output der Band war mehr zu vernehmen und man hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass da jemals noch etwas kommen würde. Seit diesen Tagen sind jede Menge Bands aufgetaucht, die sich diesem Stil annähern wollten und auch genau so schnell wieder verschwunden. Von FAR gab es immer noch kein Lebenszeichen. Doch dann irgendwann die Mitteilung, dass man sich wieder ins Studio begibt um ein neues Album aufzunehmen. Der Freudentaumel war groß, dennoch behielt die Skepsis die Oberhand. Wie sich rausstellen sollte: Mit Recht!
"At Night We Live" hat nicht mehr viel mit den FAR gemeinsam, die man noch von früher kennt. Weichgespülter, zu großen Teilen überproduzierter und radiotauglicher Mainstreamrock ist das, was übrig geblieben ist. Dabei gar nicht mal schlecht, jedoch nicht das, was man schlussendlich erwartet hätte. Nur als Beispiel: "Deafening" und "When I Could See" sind tolle Stücke, nur hat man es hier mit einem CHEVELLE-Klon zu tun. Das Problem liegt einfach darin, dass FAR es nicht mehr schaffen auch nur den Ansatz einer Gänsehaut auf den Körper des Hörers zu zaubern, etwas, was sie früher mit Links schafften. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Alles wirkt durchgeplant und kalkuliert. Nichts wird dem Zufall überlassen. Das wird einem im Verlauf der gesamten Platte ein ums andere Mal klar. Ob nun das absolut poppige "Fight Song #16, 233, 241" oder auch der ruhige, an SNOW PATROL erinnernde "At Night We Live", immer wieder vermisst man das gewisse Etwas, was diese Band einst ausmachte.
Neben all der Kritik muss man dennoch gestehen, dass "At Night We Live" in gewissen Momentan zu unterhalten weiß. Besonders im Songwriting werden hier einige sehr starke Geschütze aufgefahren. Man sollte einfach ganz fix ausblenden, von welcher Band diese Scheibe stammt und schon hat man ein recht akzeptables Sommeralbum, mit jedoch geringerer Halbwertszeit als erwartet.