Drei Jahre sind seit „Holy Hell“ ins Land gegangen. War dieses Werk ein Quasi-Neustart nach dem Tod von Tom Searle, schwimmen sich ARCHITECTS nun in neuer Besetzung stilistisch frei. Klar, bereits in der Vergangenheit („The Here And Now“) versuchte die Band einen ähnlichen Schritt, dieser wurde mit „Daybreaker“ 2012 schleunigst wieder rückgängig gemacht. Nach „For Those That Wish to Exist“ muss der Fan nicht wieder um einen solchen Schritt fürchten — auch wenn das neunte Album nicht jedem schmecken wird.
Der Kern der Musik ist dabei aber gleich geblieben. Kaum ein Song kommt ohne Breakdown aus. Doch legt man musikalisch jegliche Scheuklappen ab. Die Vorabsingle „Animals“ zum Beispiel kommt mit ihrem stampfen Riff schon fast minimalistisch daher. Auch die Gästeliste deutet in diese Richtung. Winston McCall (PARKWAY DRIVE) ist das einzige „Metalcore-Feature“. Daneben gastieren Mike Kerr (ROYAL BLOOD), Simon Neil (BIFFY CYLRO) und Liam Kearley (BLACK PEAKS) auf dem Album. Dem gegenüber steht aber das Gesamtarrangement der Platte. Auch wenn die Band selbst sich oft ein wenig zurücknimmt, füllen Streicher, aber auch etliche elektronische Untermalungen die freien Stellen. Das Intro „Do You Dream of Armageddon?“ schielt so schon stark Richtung Industrial. Auch dies ist nicht neu für ARCHITECTS. Bereits auf „Daybreaker“ versuchte man sich vermehrt an orchestralen Elementen.
Auch in Sachen Gesang wagen sich Sam Carter und seine Mitstreiter auf weiter aufs Eis hinaus. Klarstimme ist schon lange keine Besonderheit mehr, so waagemutig umgesetzt wie in „Dead Butterflies“ oder „Little Wonder“ waren ARCHITECTS noch nie zu hören. Aber auch wenn sich die Briten auf gewohntes Terrain (lies: normaler Metalcore) begeben, versucht man sich an Innovation. Hätten andere „Impermanence“ mit stumpfen Geschrei zugekleistert, setzt Carter seine Betonungen bewusst und weiß mit seinen abbrechenden Vortrag am Versende zu überzeugen.
Möchte man einen Kritikpunkt am Werk finden, so ist dieser nicht an den Liedern an sich, eher an deren Fülle zu suchen. Mit fuenfzehn Liedern ist „For Those That Wish to Exist“ eventuell drei bis vier Songs zu lang. Im letzten Drittel ähneln sich die Stücke etwas zu sehr. So bleibt am Ende ein starkes Album, bei dem ARCHITECTS keinerlei Wert auf Genrekonventionen legen. Zwar werden die Briten mit diesem Werk einige vor den Kopf stoßen, auf lange Sicht wird der Schritt aber der Karriere zuträglich sein.