Plattenkritik

FRIENDS OF GAS - Fatal Schwach

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 28.10.2016
Datum Review: 18.12.2016
Format: CD

Tracklist

 

01. Template
02. Ewiges Haus
03. Involuntary
04. Kollektives Träumen
05. Saurer Schnee
06. Einknick
07. Teeth

Band Mitglieder

 

Nina Walser - Vocals
Thomas Westner - Gitarre
Veronica Burnuthian - Gitarre
Martin Tagar - Bass
Erol Dizdar - Drums

FRIENDS OF GAS - Fatal Schwach

 

 

Kurze Vorgeschichte: mein bester Freund und ich schicken uns regelmäßig Musiktipps hin und her. Legaler Art natürlich. Im Normalfall kommen mir zugesandte Künstler- und/oder Bandnamen bekannt vor. So vom sog. "Hörensagen" her. Vor kurzem las ich jedoch FRIENDS OF GAS. Späße antisemitischer Natur jetzt bitte außen vor lassen, weil: nicht witzig. Meine Nachfrage "Wer is das?" wurde schlicht mit "hörs dir an" erwidert. Ok. War ohnehin gerade im Büro und hatte nichts wichtiges zu tun, also iTunes aufgemacht und play. Erster Eindruck, erster Song:

Noise. Gitarren. 3/4-Takt. Schräge Akkordfolgen. Nach dieser Rezeptur ist mir meist nach wenigen Sekunden klar, dass mir das Gehörte gefallen wird. Und dann der Gesang. Gesang? Gesang. Eine krude Mischung aus heißerem Singen (weniger), Schreien (eher), Brüllen (treffender), Verausgaben (voll). "Mein Körper ist mein/Template." Viel mehr Text hat "Template" nicht. Braucht er nicht. Minimalismus pur. Nina Walser steigert sich in ihrer Dynamik von Satz zu Satz. Zwei Riffs, klassische Songschemate werden ad absurdum geführt. Nebenher quietschen weitere Gitarensounds, das Distortionpedal glüht. Die Drums hypnotisieren. Nicht zum letzten mal.

Zweiter Song. "Ewiges Haus":

Diesmal drängt sich ein Basslauf auf. Ebenso hypnotisierend wie die Drums bei "Template" zuvor. Ewiger Loop und dann wieder: Noise. Und Gitarrensounds, die so wohl nicht wieder 1 zu 1 reproduzierbar sind. Es fällt schwer sich auf den Gesamtsong zu konzentrieren, zu vielschichtig, zu komplex ist er aufgebaut. Ich denke unweigerlich an JOY DIVISIONs "Atrocity Exhibition", mit dem Gesang werd ich bisher nicht warm. Nina Walser flüstert, sie variiert, baut Spannung auf, schreit wieder, wird leise, der Song bietet ihr dafür ein perfektes Gerüst. Lyrisch weiterhin minimalistisch, aber hochinteressant und pointiert. Symptomatisch für das komplette Werk.

"Involuntary" und der Rest:

"Involuntary" ist einer der kürzeren Songs, fällt im Kontext des restlichen Albums ab und stellt auf Grund der englischsprachigen Lyrics einen Negativpunkt dar. Nicht dass englischsprachige Musik von deutschen Musikern per se schlecht ist, nein. Nina Walser klingt wie eine röchelnde, weibliche Version von ROD STEWART oder die pubertär, angepisste Tochter von UDO LINDENBERG und je länger man ihr zuhört, umso mehr gewöhnt man sich an ihre Art des Gesangs. Nur die englische Sprache wirkt von ihr ausgesprochen weniger authentisch, da gerade die deutschen Lyrics in Kombination mit ihrer schrägen Art für den besonderen Charme sorgen.

Fortlaufend reihen sich die weiteren Songs stilistisch in das Album ein. "Kollektives Träumen", "Saurer Schnee" und "Teeth" fallen durch ihre Überlänge auf. Die Band spielt sich in Rage und schafft es immer, wieder kurz vorm Abdriften in Langeweile und andauernder Monotonie, für neue Spannung zu sorgen. Nina Walser nimmt sich in den passenden Momenten zurück und entlädt ihre explosive Wut passend zu den brachialen Phasen ihrer Band.

Es fällt mir im Laufe des Hörens und Schreibens leichter, mich auf den Gesang einzulassen. Die anfängliche Ablehnung wich der Gewöhnung, gar dem Gefallen, so dass einer der wenigen Kritikpunkte des Albums im dritten Song und der dortigen englischen Sprache zu finden sind. In "Teeth" funktionierts besser. FRIENDS OF GAS lassen sich dem Postpunk zuordnen und verneigen sich grandios vor den Genregrößen. Ebenfalls finden sich 80er-NDW-Momente auf der Debutplatte der Münchener.

Höhepunkte: "Ewiges Haus", "Saurer Schnee", "Einknick" und die Texte.

Autor

Bild Autor

Sebastian

Autoren Bio

Basti // 30 // Berlin // Hiphop bis Blackmetal