Jetzt mal alle Arroganz-Vorwürfe gegen mich auf Seite, ok? Und ehrlich: Wieviele von Euch sagen eigentlich auf die Frage hin, was ihr für Musik hört, noch voller Überzeugung "Hardcore"? Da nuschelt man doch inzwischen lieber was von Folk, Singer/Songwriter und Joy Division, sogar Post-Rock lassen wir doch inzwischen ignorant unter den Tisch fallen. Die Individualität unser aller soll doch gewahrt werden. "Hardcore hör ich eigentlich kaum noch" - klar - deshalb hängen wir auch mindestens 4 Mal im Monat in einem versifften Club und springen auf den Köpfen anderer herum oder spielen vielleicht sogar selbst in Bands, die, klar, Hardcore oder mindestens harten Punk spielen. Also was hält uns in dieser Szene, auch wenn wir sie nur am Rande zelebrieren bzw. wahrnehmen? Nichts. Klar! Und jetzt mal ehrlich? Auch wenn jedes Release irgendwann zu einer vorhersehbaren Platte wird (man nehme die schnell fallen gelassenen letzten Alben von KILLING THE DREAM oder THE CARRIER) oder auch jede Band irgendwann in die Kritik gerät und so fallen gelassen wird (man nehme DEFEATER aktuell), bietet das Monster Hardcore doch für alle noch Überraschungen. Jene findet man inzwischen aber bestimmt nicht mehr bei den Labels, die man seit Jahren auscheckt, sondern vielleicht im örtlichen JuZe und dem Support-Slot. Denn genau jene Bands (natürlich nicht alle - aber eben einige) trauen sich noch (wie gesagt - einige) mal "was anderes" zu machen. Ich rede jetzt nicht von Geigen in Songs, von Synthies oder gar Akustikgitarren - aber zum Beispiel von markanten, fassbaren und gegenwärtigen Stimmen.
FROM THIS DAY ON zum Beispiel wären so eine Band. Gesehen im Vorprogramm von DEFEATER und CARPATHIAN in Berlin überraschten sie ungemein wegen eben der Stimme des Sängers, die Eingägigkeit, Signifikanz und Wiedererkennung innerhalb kurzer Hardcore-Punk Songs wiederspiegelten. Dabei ist das was auf der aktuellen 7" "Wounds" musikalisch abgeliefert wird nicht gerade das, was man als typischen Hardcore bezeichnen würde. Dank der Stimme, die eigentlich alles macht außer wütend herumbrüllen, erhalten auch die Sogs einen speziellen Verve, den die Band vll. gewollt, vll. aber auch ziemlich unbewusst so auf Platte bannen konnte. Man könnte durchaus sagen, dass "Wounds" so klingt, als würden THURSDAY sich selbst auf einer Demo covern, die darauf ausgelegt ist tiefer im Hardcore (wohlgemerkt: OHNE das furchtbare "Post" davor) zu wühlen, während sie persönlich eigentlich nur verzweifelten US-Ami-HC hören. Musikalisch also einfach sehr wertvoll, zuweilen speziall, gerade wenn "S.O.S." sich zu einem kleinen Hit bündelt oder "Farewell" genau das ist, was man insgeheim vielleicht mal als "Übersong" betiteln würde. Natürlich muss man beachten, dass qualitativ einfach vom Recording her hier keine Ami-Produktion gefahren wird sondern man sehr minimalistisch und roh nach Proberaum klingt. Insgesamt aber soweit ganz top.
Wären da nicht die Texte, die stellenweise zu plakativ, zu platt geraten sind. Wenn beispielsweise ein Chor im Hintergrund brüllt "i hate myself", dann kann, muss man das aber so nicht glauben. Aber eigentlich war es das auch schon, was es an "Wounds" zu bemängeln gäbe.
Und warum so ausführlich? Ziemlich einfach: FROM THIS DAY ON sind erneut eine deutsche Band die macht was sie möchte und dafür bestimmt vielerorts mal wieder aneckt. Dass man aber auch ohne Folk, Singer/Songwriter, aller "Post"-Geschichten und Joy Division im Nacken auskommt ist 1. erfreulich, 2. nötig und 3. sehr erfrischend. Fazit: 7" kaufen und begeistert sein - es lohnt sich.
1. Away
2. Farewell
3. S.O.S.
4. I want to forget
5. No Salvation (only download)