Als ich das erste Mal „This Could Be Anywhere In The World“ von ALEXISONFIRE gehört habe, dachte ich mir: Ich muss diesen Wade MacNeil unbedingt mal richtig singen hören. Seine früheren Bands PLAN 9 und AFTER THE HOLLOWED MOMENT habe ich erst viel später entdeckt. Dass er sich mit dem neuen Album der GALLOWS zu einer dermaßen fiesen Rockfotze etabliert, konnte ja keiner ahnen.
Man kann den Trip, auf den man sich mit „Gallows“ einlässt, eigentlich kaum beschreiben. MacNeil trägt dazu einen Großteil bei, denn seine Stimme bindet das gesamte Album zu einem Strauch großer, dicker Holzdildos zusammen, die soweit in den Arsch des Zuhörers geschoben werden, dass ihm die Hirnhaut juckt. Wenn ihm nicht schon die Ohren klingeln sollte das genügen um ihn von der Qualität des Albums zu überzeugen. Es gibt keinen Song, der aus der Reihe fällt – keinen, der plötzlich langsamer wird – keinen, der dir nicht auditiv in die Fresse schlagen will – keinen, der nicht nach monströs dicken Eiern klingt.
Es ist außerdem ein Album, das seit langem einmal wieder richtige Gangshouts bieten kann. Die sonstige Mischung aus vier sechzehnjährigen Aknekriegern, der pubertären Freundin des Bassers, Großmutters Einmachtopf und zwei Pfund Schrauben haben die GALLOWS einfach mal gekonnt umgangen und kotzen sich stattdessen die Seele(n) aus dem Leib. Genau so muss sich eine wütende Meute anhören. Hier gibt es kein Petting, hier werden Hymen zerfetzt.
Normalerweise hört man sich ein Album an und kommt irgendwann zu dem Schluss, die Band auch live sehen zu wollen. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich nicht das Bedürfnis eine Band live sehen zu müssen um sie vollständig zu begreifen. Den ersten Höreindruck hatte ich auf dem Weg von meinem Arbeitsplatz nach Hause. Und ich hatte gute Lust mich mitsamt meinem Fahrrad in den Gegenverkehr zu stürzen, Autoreifen zu zerbeißen und dabei durch ein Auspuffrohr zu scheissen. Das zum ersten Eindruck.
Die GALLOWS haben ein Album produziert, das so rotzfrech, einfach gestrickt und trotzdem anspruchsvoll brachial ist – es ist eine Pracht. Kein Song kann hervorgehoben werden, denn jeder Track ist für sich allein schon genial und bildet zusammen mit den anderen ein perfektes Album. Ein wild gewordener Stier, der von Angus Young an den Eiern gepackt wird, Frank Carter auf die Hörner nimmt und Dave Grohl den Schwanz lutscht – dieses Bild multipliziert mit der gallowschen Formel ergibt eines der besten Alben des Jahres.
Tracklist:
1. Victim Culture
2. Everybody Loves You (When You're Dead)
3. Last June
4. Outsider Art
5. Vapid Adolescent Blues
6. Austere
7. Depravers
8. Odessa
9. Nations / Never Enough
10. Cult Of Mary
11. Cross Of Lorraine