Es ist die Optik, die entscheidet, wer zusammenkommt: Ein paar Akkorde Melancholie, Folk-Attitüde, New Order´sche Gedächtnismelodien, LoFi-Punk in Dream-Pop eingekuschelt - shut up and marry me.
GIRLPOOL beginnen in "123" mit stoischer Ruhe, welche sich rein oberflächlich betrachtet durch das komplette Album zieht. Der sensitive Gesang wirkt zurückhaltend, die musikalische Untermalung ist reduziert; nahezu lethargisch gehen die beiden Frauen zu Werke. Die Fassade darf keine Risse bekommen. Die beste Seite. Erster Durchlauf.
"Looking pretty at the wall/Is my mistaken love installed/
While the moths doesn´t talk/But in the dress the holes you saw"
Der Charakter entscheidet, wer zusammenbleibt. Kein Zurückhalten, pure Ehrlichkeit. Sprunghaft, lebendig, laut. Zuhören vorausgesetzt. Es wird gekratzt, gebissen, geschrien. Metaphorisch. Mehr davon. Dritter Durchlauf.
"Powerplant" glänzt nicht. Ist unberechenbar, fragil. Und offenbart seine wahre Schönheit in seiner Inperfektion. Ein roher Diamant, welcher ungeschliffen nur beim genauen Betrachten sein Funkeln offenbart. Der genaue Wert noch nicht schätzbar, aber mit jedem Anblick wertvoller. Ein Buch, welches auf den ersten Seiten keine genauen Angaben macht, wohin die Reise geht, aber man als Leser von Seite zu Seite mehr in seinen Bann gezogen wird.
Die beiden Protagonistinnen ergänzen sich trotz ähnlicher Stimmfarben perfekt. Ganz subtil umgarnt ihr engelsgleicher Gesang die wunderbaren Gitarrenmelodien, bricht aus und wird gleichermaßen wieder eingefangen. Das Instrumentarium der Band wurde um ein Schlagzeug erweitert, welches sich nicht aufdrängt und in ihren Songs für weitere Dynamik sorgt.
"Powerplant" mag im ersten Moment wie ein beliebiges Indiealbum wirken. Gibt man sich selbst und der Band etwas Zeit, nehmen einen im Laufe der Zeit immer mehr Momente gefangen und offenbaren damit eines der schönsten Alben des bisherigen Jahres.