Mit "Glory To The Brave" haben HAMMERFALL anno 1997 bekanntlich quasi im Alleingang den Heavy Metal gerettet. Dieser Umstand wurde im vergangenen Jahr mit einer 20-Year Anniversary Edition des Debüts gefeiert. Nun mag die einleitende Aussage zwar etwas übertrieben sein; dennoch ist kaum abzustreiten, dass die Schweden besonders mit dem großen Erfolg ihrer ersten beiden Alben erheblich zur Revitalisierung des seinerzeit oftmals totgesagten Genres beigetragen haben. Dabei ließen HAMMERFALL kaum ein Klischee aus und machten sich mit Leder, Nieten, stahlgeschwängerter Lyrik und Heldenpathos nicht nur Freunde. Neben lobenden Worten gab es auch in der Fachpresse genügend Stimmen, die die Band belächelt oder gar verteufelt haben, ohne dass sich die Musiker jemals selbst so ernst genommen hätten wie manch ein Nörgler. Ein ähnliches Phänomen kann man derzeit ja auch bei POWERWOLF beobachten. Wie auch immer, der Erfolg gibt HAMMERFALL wohl recht und der Patient Heavy Metal erfreut sich heute wieder bester Gesundheit, nicht zuletzt auch dank "Legacy Of Kings". Der Zweitling bedeutete für die Schweden den entgültigen Durchbruch und kommt wie schon sein Vorgänger pünktlich zum Weihnachtsgeschäft mit einer Jubiläumsedition zu Ehren. Da ist es gut zu wissen, mit welchen Dreingaben HAMMERFALL das nächste Zwanzigjährige feiern.
Im Zentrum des Paketes steht natürlich das Album selbst in einer remasterten Variante. Während man über die Songs selbst eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren muss, gibt es in Sachen Sound schon ein paar dezente Veränderungen. Die Jubiläumsversion von "Legacy Of Kings" tönt zwar nicht wie ein neues Album, allerdings kommt besonders die Intrumentalfraktion eine Idee druckvoller rüber und hat etwas mehr Punch. Das dürfte besonders jenen gefallen, denen das Original allgemein etwas zu soft war. Als Wermutstropfen muss man jedoch hinnehmen, dass dafür der Gesang ein wenig zu leise geraten ist und Joacim Cans grade bei flotteren Stücken wie "Heeding The Call", dem Titeltrack oder "Dreamland" merklich im Hintergrund vor sich hin trällert. Für einen leichten Anzug des Härtegrades durch einen etwas druckvolleren Sound muss man also kleine Abstriche bei der Homogenität hinnehmen.
Kommen wir zum obligatorischen Bonusmaterial; dieses ist zwar mit einer zusätzlichen CD und einer DVD reichlich vorhanden, aber stellt es auch einen Mehrwert dar? Zum einen wären da drei Coverversionen von PICTURE, HELLOWEEN und RAINBOW. Diese zeigen sehr schön die musikalischen Wurzeln von HAMMERFALL auf, waren allerdings auch je nach Region schon als Bonustracks auf der Originalversion enthalten und finden sich außerdem allesamt auf der Cover-Compilation "Masterpieces" von 2008 wieder. Es folgen sechs relativ aktuelle Live-Versionen des Materials von "Legacy Of Kings", die zwar ziemlich satt aus den Boxen donnern und die nötige Konzertatmosphäre transportieren, angesichts zweier gut gespickter Live-Alben allerdings nicht unbedingt zwingend sind. Zum Schluss gibt es dann noch sechs sehr rohe Demoversionen, die wohl in die Kategorie "lustig aber kaum hörbar" fallen. Jeder fängt halt mal klein an.
Das Herzstück der Bonus-DVD bildet das ca. 45-minütige Interview, in dem alle Mitglieder der damaligen Besetzung zu Wort kommen, über die Entstehung des Albums resümieren und ein paar heitere bis teilweise regelrecht erschreckende Anekdoten zum Besten geben. Den größten Redeanteil haben zwar Joacim Cans und Oscar Dronjak, die einzigen auch heute noch aktiven Bandmitglieder, Sympathieträger ist allerdings ganz klar Ex-Basser Magnus Rosén. Mit dickem schwedischen Akzent und grinsend wie ein Honigkuchenpferd berichtet er gut aufgelegt und mit glaubhaftem Enthusiasmus über die Zeit bei HAMMERFALL und seine Freude darüber, ob der recht simpel gestrickten Musik auf der Bühne einfach nur hart rocken zu können. Der Rest des Bildmaterials besteht zum großen Teil aus frühen Live-Aufnahmen, u. A. von der Releaseparty zu "Legacy Of Kings". Hier wäre besonders das Cover von "Breaking The Law" noch als humoristisches Highlight zu erwähnen, denn alle Musiker tauschen die Intrumente und plötzlich stolziert der spindeldürre Oscar Dronjak wie eine in Leder gehüllte Heuschrecke als Frontmann über die kleine Bühne. Da das Material aber in Bild und Ton nicht mal annähernd aktuellen Standards entspricht und wohl auch eher als Gimmick gedacht ist, wird man sich die DVD wohl kaum öfter als ein mal anschauen.
Insgesamt bietet die 20-Year Anniversary Edition von "Legacy Of Kings" also einiges an Inhalt, liefert aber auf musikalischer Seite grade für jene, die ohnehin schon alles von HAMMERFALL besitzen kaum Überraschungen. Das remasterte Album klingt nicht weltbewegend anders, die Anpassungen sind allerdings durchaus merklich und mit Sicherheit Geschmackssache. Der Rest des Bonusmaterials ist, wie bei solchen Veröffentlichungen üblich, hauptsächlich reines Gimmick; am sehenswertesten ist hier wie gesagt noch das Interview. Nun muss man aber auch anmerken, dass man sich mit unter 20€ für dieses Paket weder als Fan noch als Neuentdecker in Unkosten stürzt, ein klasse Album ist "Legacy Of Kings" allemal.