Direkt aus der beschaulichen Stadt Gießen kommt nun endlich das erste Album mit voller Länge von HARM/SHELTER. Wer die bisherige, kurze Geschichte der Band verfolgt hat, weiß um die Härte und den Purismus, der einem hier entgegenschlägt. Da bekomme ich schon fast Herzen in den Augen. Natürlich auf die denkbar männlichste Art.
Vom Start weg geht es in mittlerem Tempo und erschreckend viel Wut im Bauch durch die 12 Tracks von „Paycheck“. Mit dem Opener „Eternal Crusade“ bekommt man sofort das klangliche Synonym eines Nasenbruches um die Ohren gefegt. Daran ändert sich auch nichts. Wieso auch, es funktioniert ja. Bei „Venom“ werden die älteren Semester unweigerlich an Scheiben von DOG EAT DOG oder BODY COUNT erinnert. Die Rapeinlagen passen tatsächlich richtig gut in das Konzept des Sounds. Daher stört auch der reine, beatlastige Rapsong „Vom Schatten Ins Nichts“ nicht den Gesamteindruck. Eben weil auch dieser nicht modisch klingt. Der absolute Höhepunkt ist allerdings der letzte Song der Scheibe. Mit „Mindcontrol“ liefern HARM/SHELTER hier einen prima Soundtrack, falls man einmal die erste Bonus Stage aus Street Fighter II im echten Leben nachstellen möchte. Also mit bloßen Händen eine Limousine in Stücke prügeln.
Des Weiteren beschränkt man sich auf das Wesentliche. Die Songs sind kurz, gepackt und direkt auf den Punkt. Mit „Paycheck“ rudert der Gießener Fünfer definitiv in die Chefetage des deutschen Hardcores alter Schule. Mit einem solchen Sound muss man sich auf keinen Fall hinter alteingesessenen Mitstreitern verstecken, sondern kann ganz entspannt auf Augenhöhe agieren. Das Album dürfte auch ein guter Vorgeschmack auf das Konzertniveau der Band sein, welches sowieso schon einen guten Ruf genießt. Mit diesen Songs dürften HARM/SHELTER noch eine Schippe der Eskalation nachlegen.
Produktionstechnisch haben Level 3 Entertainment [Danke an Friedrich für die Korrektur!] hier erstklassige Arbeit abgeliefert. Alles drückt schön von unten heraus, ohne schwammig zu wirken. Und die Snare der Drums ist so passend gestimmt und abgemischt, dass man das Gefühl hat, Ohrfeigen zu bekommen. Zudem ein wenig Angst, die Felle in Fetzen fliegen zu sehen.
Man sehe es mir nach, dass ich hier so extrem lobend zu Werke gehe. Aber wenn eine Arbeit so bodenständig und gekonnt Hardcore ist, dass man seine Lexika überarbeiten möchte, dann feiere ich das auch gerne einmal richtig ab. Vorbeigehen sollte man an „Paycheck“ auf keinen Fall.