Heute, am 20.3. hätte ich wahrscheinlich schon morgens die Stunden gezählt, wann ich endlich nach Essen aufbrechen kann. Warum Essen? Weil am Veröffentlichungstag des neuen Albums die 5 Herren von HEAVEN SHALL BURN dort eines ihrer insgesamt 5 Clubkonzerte gespielt hätten. Die Band aus dem thüringischen Saalfeld war in den letzten Jahren eher auf mittleren bis großen Bühnen präsent und face-to-face-Shows, wie in den Anfangszeiten, gab es so gut wie gar nicht mehr. Dass ich zudem ein Interview mit der Band im Ruhrgebiet ergattern konnte, wäre das Sahnehäubchen an diesem Tag gewesen. Leider kam dann ACAB dazwischen – all coronas are bastards!
Widmen wir uns also nur „Of Truth And Sacrifice”. Wenn ich retrospektivisch einige Wochen zurückschaue, so war ich der Meinung, dass man das Album gar nicht hätte aufnehmen müssen, ich war einzig und allein geil darauf, die Band in einem kleinen Club zu sehen. So wie vor gut 10 jahren, als sie auf der Darkness-over-X-Mas-Tour allen andren Combos den Zahn zogen. Und zwar gewaltig. Was eine Livemacht. Albumtechnisch waren für mich HEAVEN SHALL BURN toter als tot. Bei „Veto“ war ich noch mit einem halben Ohr dabei und „Wanderer“ kaufte ich nur wegen der Bonus-CD mit all den Coverversionen. Die Thüringer kopierten sich, nach meinem Erachten, immer wieder selbst. Dass die Jungs schließlich eine längere Pause ankündigten, war für mich eher eine Randnotiz. Ich hatte HEAVEN SHALL BURN nicht mehr auf dem Schirm.
Und dann habe ich mir spaßeshalber die neue METAL HAMMER gekauft, bei der eine Vorab-CD mit neuen und teils unveröffentlichten HSB-Songs beilag. Und dann ging die Scheiße richtig los. „Protector“, in einer etwas anderen Version als auf dem Album, zertrümmert die Boxen. Die Textzeile „I´m by your side“ setzt sich sofort im Kopf fest und die Faust schnellt beim zweiten Durchgang an der richtigen Stelle nach oben. Zudem agieren HEAVEN SHALL BURN sowohl unglaublich brutal als auch irre melodiös. „Black Tears“ lässt Grüße da, während die Breakdowns und Gitarrenwände alles wegblasen. Zudem ist die Sangeskraft eines Marcus Bischoff wie immer state oft the art und sucht seinesgleichen! Brutalst as fuck geht der Mann nach vorne und schreit, growlt, brüllt und kotzt sich über die Missstände der Welt aus. HEAVEN SHALL BURN werden nicht müde, politische (wie etwa dem Leben in einer Diktatur in “Stateless”), ökologische (das Abschlachten von Meeressäugern in „My Heart And The Ocean“) oder historische Themen (wie Widerstand gegen Regime in „Eradicate“) anzusprechen und gekonnt in Songs zu verarbeiten. Mein derzeitiger Liebling ist aber der Oberkracher „The Sorrows Of Victory“, der mit einen traumhaften Gesangspart von LORDS OF THE LOST-Frontmann Chris als Gothmetalsong beginnt und später zu einem brutalen Nackenschwinger mutiert. Das ist einfach krankes Suchtpotenzial. Genau wie die ganze Platte, die selbst als Doppel-CD funktioniert und – für HEAVEN SHALL BURN-Verhältnisse – unglaublich abwechslungsreich gestaltet ist. Immer wieder stolpert man über Passagen, bei denen man ungläubig den Kopf schüttelt.
Summa summarum muss ich mich an dieser Stelle für meine Kritik zu Beginn dieses Reviews bei den Musikern von HEAVEN SHALL BURN entschuldigen. Aber wie sagt man so oft: Totgesagte leben länger. Was sie auf „Of Truth And Sacrifice” hier veranstalten, schlägt mehr als 7 auf einen Streich. Für mich die Platte des Jahres und eine absolute Kaufempfehlung für jeden Metalhead, Metalcorefan oder wtf auch immer. Warum es allerdings die unfassbar gute SCHWEISSER-Coverversion von „Eisenkopf“ nicht auf das Album geschafft hat, ist mir schleierhaft. Dennoch zermoshen HEAVEN SHALL BURN hier alles in Grund und Boden. Ganz stark, Jungs und wie gesagt: Sorry!