HANDS TIED, ihr macht es mir nicht leicht. Ende der 90er wirbelte der MOUTHPIECE-Nachfolger um Szene-Veteran Tim McMahon im Zuge des großen Youth-Crew SXE Revivals zusammen mit IN MY EYES, TEN YARD FIGHT und FLOORPUNCH mächtig Staub auf. Energischer und mitreißender als auf der damaligen Equal Vision 7 Inch klang eine CHAIN OF STRENGTH Huldigung nie wieder. Wahnsinns Song-Writing, McMahons extrem mitreißende Stimme, Hammer-Produktion - HANDS TIED waren ein würdiger Nachfolger der Überband MOUTHPIECE und auch mit über 10 Jahren auf dem Buckel klingen die Songs immer noch unglaublich frisch und unverbraucht. Vielleicht war das auch der Grund, warum die Band sich kurz nach ihrer Europa-Tour mit TEN YARD FIGHT und ONE KING DOWN auflöste - in dem Wissen das Debüt nie wieder erreichen zu können (ich hoffe mal, dass es nicht mit der miesen Stimmung beim unfassbar schlecht besuchten Konzert in Hamburg zu tun hatte: drei Hammer-Bands vor gefühlten fünf gelangweilt wirkenden Kopfnickern - das werde ich vermutlich nie vergessen). In der Zwischenzeit gründete McMahon immer wieder neue Bands, von denen eigentlich nur FACE THE ENEMY wirklich überzeugen konnten. Und nun das: eine HANDS TIED Reunion. Kann das gutgehen?!
Trotz aller Bedenken war ich ausgesprochen optimistisch, als ich "Through The Wreckage" aus der Hülle nahm. Da war sogar wieder diese Aufregung von früher zu spüren. Als man sich noch nicht mit Myspace die Spannung verderben konnte. Und als man noch vollkommen gebannt darauf wartete, was wohl auf das erste Knistern der Plattennadel folgen würde. Doch statt Euphorie stellt sich in diesem Fall leider ganz schnell Ernüchterung ein, denn mit HANDS TIED hat "Through The Wreckage" nur wenig zu tun. Zwar verneigt man sich auch hier offenkundig vor CHAIN OF STRENGTH, doch anders als auf der ersten EP klingen HANDS TIED anno 2010 komplett austauschbar. Nach dem leicht metallischen Touch von alten HT/MOUTHPIECE (im Sinne früher STRIFE oder BATTERYs "Only The Diehard Remain" Era) sucht man hier vergeblich und auch die Gitarrenarbeit hat nichts mit der simplen Finesse alter Tage gemein. So hart es klingen mag, aber derart abgelutschte Three-Chord Riffs braucht nicht mal mehr ein Gelegenheits-Nostalgiker wie ich. Klar, McMahons immer noch jugendlich klingende Stimme kann da ein bisschen was rausreißen, die dumpfe Produktion wiederum zeigt überdeutlich: mit den alten HANDS TIED hat das einfach nichts zu tun. Vielmehr erinnern die zwei Tracks an FACE THE ENEMY, aber ohne die fantastischen Melodien und mit mäßiger Produktion. Das klingt alles betont old-schoolig, doch machte gerade der glasklare, moderne Sound viel von HANDS TIED aus. Die überragenden, typischen Mid-90s Bassläufe - wo sind sie hin? Da hilft es auch nichts, dass zumindest "Empty Words" einen winzigen Hauch vom alten Glanz versprüht. Angesichts dieser dürren Darbietung wirken die "...proving that the flame still burns!"-Beteuerungen von Livewire Records doch ein wenig hilflos.
Ein bisschen hatte ich es ja geahnt, dass diese Geschichte in die Hose geht. Wenn eine Band lediglich eine EP veröffentlicht hat, die aber umso überragender war, dann muss man sie an diesem Release messen. 10 Punkte gibt es für die "S/T" 7 Inch von 1997, für "Through The Wreckage" kann ich guten Gewissens nicht mehr als 5 Punkte geben.