Mangelnden Output kann man HEALTH nun wahrlich nicht vorwerfen. Kaum zehn Monate nach Studioalbum Nummer zwei folgt nun also mit „Disco 2“ auch schon Remixalbum die Zweite und man durfte gespannt sein. Immerhin bietet sich „Get Color“, dieser Monolith von einer Platte auf den ersten Blick noch besser für Neuinterpretationen durch andere Künstler an, als das ungleich chaotischere Debüt. Doch am Ende kommt alles anders als erwartet.
Bei Remixalben ist es ja immer so eine Sache. Einerseits sollten sich die Nachbearbeitungen durchaus signifikant von den Originalsongs unterschieden. Andererseits möchte man natürlich, dass das Grundlegende erhalten bleibt. Im Falle der Songs auf „Get Color“ also vor allem dieser tranceartige Zustand und die unglaubliche Mächtigkeit und zugleich Entrücktheit, die dieses Album so überlebensgroß gemacht hat. Nun unterscheiden sich die neuen Versionen der gar nicht mal so alten Songs der letzten Platte auf „Disco 2“ durchaus enorm von den Originalen. Einzig die Faszination, und das ist der große Unterschied zu „Disco“, Nummer 1, sie will nicht herübergetragen werden in die Neukompositionen.
Der Grund dafür ist etwas, was normalerweise als lobendes Element gilt, wenn man eine Platte bespricht: Konsequenz. „Get Color“ war anders als der Vorgänger kontrollierter, zuweilen ruhiger und mehr auf Atmosphäre aus. Insbesondere das ruhige Element übertragen nahezu alle beteiligten Künstler auf ihre Versionen der Songs. Dabei vergessen sie jedoch immer wieder, dass das hier eben immer noch ein Remixalbum ist und kein purer Sampler. Nur allzu häufig nämlich kann man die ursprünglichen Songs, auf denen die neuen Versionen basieren sollen maximal anhand einiger Vocalsamples erahnen. Und seien wir mal ehrlich: die Vocals mögen am Gelingen von „Get Color“ nicht unschuldig gewesen sein, der wahre „Wow“-Faktor ergab sich dann aber doch eher aus anderen Faktoren. Das zuweilen schier wahnwitzig vor sich hinprügelnde Schlagzeug zum Beispiel oder das Wechselspiel aus Struktur und chaotischer Geräuschkulisse. All diese Elemente sucht man nun auf „Disco 2“ nahezu vergeblich. War das erste Remixalbum noch durchweg ein potenzieller Tanzflächenfüller, so regiert nun vor allem die Zurückhaltung.
Spannend wird es immer dann, wenn doch mal der Ausbruch aus dem engen Korsett der in erstaunlichem Konsens selbstauferlegten elektronischen Unaufgeregtheit gewagt wird. Dass dies mit den CRYSTAL CASTLES (welche ja immerhin einen nicht geringen Anteil ihres Erfolges eben genau einem HEALTH-Remix zu verdanken haben) und PICTUREPLANE dann ausgerechnet die zwei Bands bzw. Künstler bewerkstelligen, die schon auf dem ersten „Disco“-Album vertreten waren ist da nur eine Randnotiz. Insbesondere die Kristallschlößer bleiben bei ihrer Version des Nervenzerrers „Eat Flesh“ insbesondere im Bezug auf das Drumming sehr nahe am Original, ohne dabei die eigene Note zu vergessen. So und nicht anders geht große Remix-Kunst.
Genau diese lassen nahezu alle anderen Neuinterpretationen zuweilen gänzlich vermissen. Der Zusammenhang des immerhin knapp achtminütigen „Nice Girls“-Neuentwurfs der BLONDES mit dem Original ist nicht wirklich erkennbar. Aus einem wunderbar nervösen und angespannten Dreiminüter wird ein enervierendes, furchtbar vor sich hindümpelndes Etwas von einem Song, der den Reiz der Ursprungsversion völlig vermissen lässt und letztlich ohne den Blick auf die Tracklist gar nicht als ein Remix erkennbar wäre. Ein Problem, das auf zu viele Songs auf „Disco 2“ zutrifft. Dass sich HEALTH mit ihrem neuen, sehr elektronischen und atmosphärischen Song „USA Boys“ gleich am Anfang nahezu den besten Remix des eigenen Sounds gegönnt haben, sollte einem Großteil der Beteiligten zu denken geben. So bleibt der Neuanstrich von „Get Color“ leider zu weiten Teilen eine ziemlich farb- und zahnlose Angelegenheit. Schade drum.
Tracklist:
01. USA Boys
02. Before Tigers (CFCF Remix)
03. In Heat (Javelin Remix)
04. Die Slow (Tobacco Remix)
05. Severin (Small Black Remix)
06. Before Tigers (Gold Panda Remix)
07. Eat Flesh (Crystal Castles Remix)
08. In Violet (Salem Remix)
09. Nice Girls (Blondes Remix)
10. Die Slow (Pictureplane Remix)
11. Nice Girls (Little Loud Remix)
12. Before Tigers (Blindoldfreak Remix)