Plattenkritik

Hegemund - Nuit Blanche

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Release Date: 16.04.2010
Datum Review: 15.04.2010

Hegemund - Nuit Blanche

 

 

Was für ein Tag. Erst verpasst Du Deine Bahn, dann sitzt Du neben einem stinkenden, alten Mann, der schon morgens zu tief ins Glas geschaut hat und fragst Dich, warum das alles hier? Du schleppst Dich an deinen Arbeitsplatz, fährst den Rechner hoch, hörst das blöde Gerede Deiner Kollegen und fragst Dich einmal mehr: Bin ich unnormal? Du bist froh, wenn Du nicht angesprochen wirst, hast schon um 7.30Uhr, als Du Deine Stempelkarte lochst, Angst davor, dass Dich jemand fragt, ob Du auch was von der „Frittenbude von der ollen Trixi“ möchtest und hoffst eigentlich nur, dass sie dich übersehen. Der Tag an sich ist dann gar nicht so schlimm. Du machst Dein Ding, sie machen ihr Ding. Du möchtest nur in Ruhe arbeiten und am letzten Tag des Monats die Kohle auf deinem Konto sehen, für die Du Deine Seele verkaufst. Und dann, 16.00Uhr, Feierabend. Alle stürmen sie raus, niemand möchte der Letzte sein, Du bist mal wieder der, der das Licht ausschaltet, die Tasse von diesem Typen, der sich angeblich im Internet für Geld auszieht, in die Spülmaschine räumt und dann gehst Du auch nach Hause. Wieder fährt Dir die Bahn vor der Nase weg, wieder sitzt neben einem besoffenen Typen und diesmal, als sei der Tag nicht beschissen genug gewesen, sitzt Dir jemand gegenüber, der seine Bulldogge (selbstverständlich mit Maulkorb) nur mit viel Kraftaufwand gehalten bekommt. Was, wenn er sie loslassen würde und das Vieh sich in mir festbeißen würde? Würde mich jemand vermissen? Würde sich jemand denken: „Man, der Typ war eigentlich ziemlich in Ordnung“? Deine Gedanken kreisen ohne Dich und ehe Du dich versiehst, bist Du in Deiner Wohnung. Außer Deinem Laptop wartet hier niemand auf Dich und alles was Dir bleibt ist das Bett. Du legst Dich, legst eine Platte auf, die Du blind aus dem Regal gezogen hast und entspannst.

Ahh, Du merkst es gleich. Das ist HEGEMUND. Diese wundervolle Platte, die Dich auf Gefühlstour schickt ohne dämliche, aufgesetzte Kultur-Note. Das sind keine Punks, die plötzlich mal auf Jazz machen. Das ist einfach eine Platte, die scheinbar zum Entspannen aufgenommen wurde. Schon allein das Kratzen der obligatorischen Nadel versetzt Dich in diesen Halbschlaf, der Dich niemals in den Tiefschlaf befördern könnte, weil Du einfach zu gespannt bist, was diese Platte noch zu bieten hat. „Nuit Blanche“ jedenfalls, das ist schon jetzt sowas wie Dein Lieblingsstück. Und dann, dieses „Paris, Paris“, es zaubert Dir ein Lächeln auf die Lippen. So ungefähr muss sich Paris im Sommer anhören. Zumindest, wenn man den Klischees glaubt. Und dann dieses „Interlude“, welches viel zu großartig ist, für einen solch lieblosen Namen. Insgesamt so eine Tatsache, die Dir hier immer wieder auffällt: Du vergisst alles um Dich herum und widmest Dich endlich nochmal der Musik. Musik. Keinem Song, keinem Track, keinen Lyrics oder sonstigem, modernen Quatsch. Du hörst Lieder eines tollen Albums, eines tollen Künstlers. Nicht eines Acts oder sowas. Das hier ist Musik. Wenn „In The Kitchen“ dann mit diesem smoothen Jazz beginnt und das nachfolgende „Ma Folle“ so entspannt nach dem Leben greift, das hast Du so noch nie gehört. Und trotzdem weißt Du: Morgen geht der Scheiß von vorn los. Vielleicht aber schaffst Du die Bahn, vielleicht fragt Dich niemand nach dem Mittagessen und vielleicht hat der scheiß Notgeile seine Tasse selbst weggeräumt. Eigentlich auch scheiß egal. „Nuit Blanche“ würdest Du trotzdem wieder hören. Denn dieses Album, das ist was Besonderes.

Tracklist:

1. Nuit Blanche
2. Paris, Paris
3. Interlude
4. In The Kitchen
5. Ma Folle
6. Home
7. In My Eyes
8. Rue De Charonne
9. We Dont Tell You What To Eat
10. Green Sauce

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Raphael

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