Plattenkritik

His Statue Falls - Mistaken For Trophies

Redaktions-Rating

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Release Date: 20.04.2012
Datum Review: 20.04.2012

His Statue Falls - Mistaken For Trophies

 

 

Ein zweites Album ist gerne mal mit den üblichen Vorsätzen versehen. „Reifer“ soll es werden, abgehoben vom „Einheitsbrei“, den eigenen „Stil“ manifestierend. Mit derartigem Tatendrang im Vorfeld versehen steht nun der Nachfolger zum 2010 erschienenem "Collisions“ von HIS STATUE FALLS in den Startlöchern, um eine Daseinsberichtigung für den mittlerweile doch arg abgenutzten Mix aus Elektronik und Hardcore zu liefern. Die Saarländer präsentieren sich auf „Mistaken For Trophies“ mit insgesamt 12 Tracks und erhobenen Ansprüchen auf Individualität.

Der Titeltrack prescht mit dem Dampfhammer los und beschreibt mit einem gewohnten Wechsel zwischen Breakdown und cleanem Gesang den ersten Hit auf der Platte. Die Produktion fällt dabei direkt positiv auf. Die Bässe drücken, Melodien geraten nicht in den Hintergrund und es wurde verstanden, die vielen elektronischen Elemente nicht zu einem Brei verkommen zu lassen. Beim nachfolgenden “My Way / My Rules / My Profit“ groovt es gehörig, jedoch mit stetem Blick in Richtung cleanem Chorus. Hier zeigt sich nun eine erste Divergenz zum Core-Einheitsbrei. Anstelle des erwarteten Breakdowns warten dicke Synthiewände auf, die Gitarre verkommt nur zum eingestreuten Begleiter. Dabei wird auf dem ganzen Album auf Technogedudel verzichtet. An dessen Stelle sind nun ernsthafte Synthiespielereien getreten. Diese sorgen z.B. bei “Here.After“ für das gewisse Quäntchen Tiefe, welches den eher weniger relevanten Track genug aufwertet, sodass jener nicht abfällt. Wer jetzt denkt, dass sich Monotonie auf Albumlänge einschleicht, der wird vom Hit “Miles“ ganz schnell eines Besseren belehrt. Fairerweise muss man dazu sagen, dass sich hier ganz schön bei “It’s Far Better To Learn“ von SAOSIN bedient wurde, was der Qualität des Songs jedoch nur zu Gute kommt.

Es ist eben dieses präzise Einstreuen von unerwarteten Elementen, was dem Album hilft den gesteckten Vorsätzen nahe zu kommen. Mit jedem weiteren Song wird dies deutlicher. Hier wird ein treibendes Riff in den Vers eingebaut, dort locken die Synthies die Atmosphäre an die Front und gelegentlich will man einfach nur tanzen. “Sorry For Killing The Spirit“ ist ein astreiner Partykracher, komplett in cleanem Gesang gehalten und einfach nur catchy as fuck. Dies ist ein weiteres erfolgreich angewandtes Rezept, von welchem dieses Album lebt. Die Choruses gehen unglaublich ins Ohr und leben von Dennis Fries‘ Gesang. Dadurch erdrückt die gedämpfte, tiefer gelegte Saitenkost nicht auf Dauer und bleibt immer wieder lebendig und interessant. Ihn zumindest gleichsam neben Alex Sauer zu Wort kommen zu lassen erweist sich als absolut richtig, da die kehligen Growls gelegentlich als Fremdkörper in einem gerade durch die Synthies dicht gestrickten Melodierahmen wirken. An der Vocalfront geben sich zusätzlich noch zwei Gastsänger das Mikro in die Hand: Chuong Trinh von HORDAK und Tyler Carter, ehemals von WOE, IS ME. Auffällig ist hierbei, dass beide einen individuellen Part in ihren Songs erhalten haben. So durchbricht ersterer in der ersten Single “Breathe In Breathe Out“ den gerade ermüdenden Breakdown und sorgt über tanzenden Drums mit seinem gellenden Gesang für einen munteren Nacken. Letzterer bringt sein prägnantes Organ in einem ruhigen, instrumentalem Break ein und dient so als Fokalpunkt für einen ansonsten durchschnittlichen Song.

Textlich bewegen sich Alex und Dennis zwischen bitterer Enttäuschung, schwelender Wut, aber auch immer währender Hoffnung. Beizeiten verkommen die Parts zwar zu Selbstmitleid auf hohem Niveau, aber das ist Gott sei Dank nicht die Regel. In Gänze sorgen die Texte für Identifikation mit alltäglichen Emotionen, wenn auch fast durchweg die düstere Seite betreffend. Neben der Powerballade “Increase:Decrease“, welche eine Ode an die Vergänglichkeit darstellt, steuert ironischerweise ausgerechnet die größte Überraschung auf dem Album dem dunklen, lyrischen Grundton entgegen. In “Release“ wird eben jenes dauernde Beklagen angeprangert und geradeheraus vermittelt, dass man sich den Problemen stellen soll. Musikalisch ist es der auffallendste Song. Er beginnt rein elektronisch mit wummernden Synthielayern, dann folgt leidenschaftlicher Gesang, welcher sich immer mehr steigert und sich schließlich von einem Beat und einem schlichtem Piano begleitet in einem Full Band Spektakel entlädt. Hier verliert der starke Gesang zwar an Schwung, der Song sorgt dennoch für Gänsehaut.

Was wild und wütend beginnt findet nach 40 Minuten mit einem ausklingenden Piano ein würdiges, optimistisches Ende. Das Songwriting wirkt durchdacht und der Spannungsbogen wird meist dank unerwarteter Geschehnisse gespannt gehalten. Der im Genre bewährte Wechsel zwischen Härte und Epik wird durch zahlreiche kleine Spielereien ergänzt. Eine gewisse Pitgarantie mit extrem hohem Mitsingfaktor ist gegeben. Somit steht als Fazit eindeutig, dass die hochgesteckten, abgedroschenen Wünsche der Band für ihr zweites Album in Erfüllung gegangen sind. Eine Mischung aus vielen, gekonnt umgesetzten Elementen schaffen ihnen eine individuelle Stellung in einem ansonsten ausgelutschten Genre, und das nicht nur national.


Tracklist:

1. Mistaken For Trophies
2. My Way / My Rules / My Profit
3. Here.After
4. Miles
5. The Missing Piece Of No One
6. Breathe In Breathe Out (feat. Chuong Trinh)
7. Increase:Decrease
8. Two Steps Forward No Step Back (feat. Tyler Carter)
9. Sorry For Killing The Spirit
10. Hoe’pocalypse Now
11. Release
12. Forever… At All

Autor

Bild Autor

Daniel B.

Autoren Bio

Schlecht, aber leidenschaftlich