Plattenkritik

IDLE CLASS - Of Glass And Paper

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 25.09.2015
Datum Review: 22.09.2015
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. The Drama Continues
02. All Kippers And Curtains
03. A Puppeteers Party
04. Outatime
05. I Used To Say It's Just A Phase
06. Bring In The Harvest
07. Worn Out Shoes
08. The Story Of How The King Died
09. Testimony
10. Paper Over The Cracks
11. The Sound Of Glaciers Calving

IDLE CLASS - Of Glass And Paper

 

 

Freche Punker klauen dem Thekennachbarn schon mal den Pfeffi vom Platz. Oder THE OFFSPRING das "Self Esteem"-Chorusriff unter den Füssen weg. Glücklicherweise haben IDLE CLASS in den beiden geballten Fäusten höchstens Platz für schwer motivierte und brüderliche Punkrockhymnen, die schlechten Gewissen und Im-damals-Lebenden den Garaus machen wollen.
 
"Poppunk" ist ein moderner Schubladen-Terminus, den man dem zweiten Album der Westfalen als allerletztes hinterherschleudern sollte. Denn beschönigend ist hier allenfalls die Message, keinesfalls aber die Produktion oder die Haarschnitte der Bandmitglieder. Wirkliche Liebe und Zuneigung erfährt auf "Of Glass And Paper" schlicht die Musik. Diese balanciert von ungeschorenen MENZINGERS-Harmonien gestreut über melodischen Hardcore ("All Kippers And Curtains") hinüber zu gerührter Snare und gesenktem Blick ("Outatime"). IDLE CLASS verbinden und vereinen. Ihr Sound enthält eine unsichtbare, nicht definierbare Harmonie, die dem Hörer unausweichlich injiziert wird und zu einer Art Instant-Verbrüderung zwingt. Ähnliches passiert(e) auch bei NOTHINGTON oder den SHOOK ONES - die Münsteraner liegen musikalisch irgendwo dazwischen. „Still we’re nothing like roaring tigers - more like anxious little foals / And does this nothingness describe the feeling - of this generation of galore?“ Der Fünfer trifft den Nagel auf den Kopf - oder besser die Handkante auf den Tisch. Denn zimperlich wie etwa aktuelle, gleichaltrige Posthardcorekollegen klingt "Of Glass And Paper" nur in wenigen Ansätzen, die perfekt passen. Etwa wenn in "The Story Of How The King Died" Schlagzeug und Bass gemeinsam die Spannungskurve hochkriechen. Oder wenn "Bring In The Harvest" kracht und krächzt und sich dann mit vereinter Bro-Power dem "coldest winter ever" entgegen stellt. "Worn Out Shoes" setzt leise an und beisst sich dann ausdauernd von STRETCH ARMSTRONG bis IRON CHIC fest - immer so, dass Herz und Halligalli bloss nicht zu kurz kommen.
Wenn IDLE CLASS Kette geben (und das ist keine Seltenheit), achtet "A Puppeteers Party" ebenso auf Hookline wie "Paper Over The Cracks" auf einen positiven, kernigen Unterton. Wenn IDLE CLASS ihren Albumopener "The Drama Continues" nennen, dann schnüffelt der Titel eher am Auspuff ihres Vorgängeralbums als an Alltagsplagen und Handtuchwerfern. Und wenn IDLE CLASS im Refrain zu "I Used To Say It's Just A Phase" eben Dexter Holland und Co. zitieren, dann offenbart "Of Glass And Paper" nur eine weitere ehrliche und treue Tatsache: Bodenständiger und motivgesteuerter Punkrock darf gerne Referenzen austeilen - denn alles und jeder sollte sich stets erinnern, wo er oder sie oder etwas herkommt. Die deutsche Antwort auf alles Junggebliene, Ungeschliffene, Ungestüme und trotzdem Hit-affine tut dies auch 2015 immer noch aus Münster.
 
 

Autor

Bild Autor

Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.