Plattenkritik

ITCHY - Ja als ob

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 07.02.2020
Datum Review: 25.02.2020
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

1. Faust
2. Ja als ob
3. Godzilla
4. Ich wollte noch - Itchy feat. Sebastian Madsen
5. Beyoncé & Jay-Z
6. Herzlich willkommen
7. Meine Fresse
8. Unser Lied
9. Gegen den Wind
10. Nicht weg
11. Pflastersteine
12. Auf dem Gewissen
13. Wo seid ihr denn alle

Band Mitglieder

 

SIBBI: Vocals / Guitar
PANZER: Vocals / Bass
MAX: Drums

ITCHY - Ja als ob

 

 

Seit 19 Jahren gibt es die Band schon. Es fanden so gut wie keine Mitgliederwechsel statt, vor ein paar Kahren mal ein (kleiner) Namensänderung, bzw. -verkürzung und jetzt haben  ITCHY es durchgezogen, das neue Album in komplett anderer Sprache aufzunehmen. Und zwar in ihrer Muttersprache deutsch.

Beim ersten Hören des Albums bleibt gleich viel mehr vom Inhalt hängen, als bei den englisch sprachigen Vorgängern. Irgendwie ganz logisch.
Es gibt ruhige und nachdenkliche Songs und dann wieder solche, bei denen man die Fans schon alle herumspringen sieht und fühlt.

Der erste Song „Faust“ ist auch die aktuelle Single und berichtet davon, dass ITCHY darauf stolz und unfassbar dankbar dafür sind, wo sie mit der Band stehen. Es ist zwar nicht das luxuriöseste tourleben „manche sammeln Ferearis, wir halt Bons von sanitär“, aber das wichtigste ist: Spaß haben und sich selbst und andere glücklich machen, solange es noch möglich ist. Und darüber nicht zu viel nachdenken, was schief gehen könnte „was soll uns schon passieren? Wir sind noch immer hier“

„Ja als ob“ beschreibt den Charakter der Musiker sehr gut. Niemand ist perfekt und macht auch mal irhendwiecje Dummen Sachen. Allerdings schaffen ITCHY es, all dies immer auch eine sehr sympathische Und ehrliche Art und Weise herüberzubringen.

Etwas nachdenklicher geht das Album mit „Godzilla“ weiter. Jedem geht es sicher einmal so. Man fühlt sich unsicher, fehl am Platz, versteht sich selbst nicht mehr. Kapselt sich wahrscheinlich ab und möchte die Realität nicht vor Augen wahr haben. „schau in meinen Schädel besser nicht hinein“
Am Ende des Songs kommt aber doch die Einsicht, die Konfrontation mit sich selbst: „alle rennen weg und Godzilla bin ich“

Auf diesem Album gibt es auch einen Gastmusiker: Sebastian von der Band Madsen.
Bei „Ich Wollte Noch“ werden ausreden für die unnötigsten Dinge gesucht, um Situationen zu entfliehen, auf die man gar keine Lust hat. Oder auch Menschen aus dem Weg gehen, auf die man nicht gut zu sprechen ist, ihnen aber nicht die Wahrheit ins Gesicht sagen. „Sagt unbedingt Bescheid, wenn ihr in der Stadt seid. Dann nehm ich mir noch was vor und hab bestimmt keine Zeit.“

„Beyoncé & Jay-Z“ könnte man sarkastisch nehmen oder auch ernst.
Heute wird man immer mehr mit News, Berichten, Beschwerden usw. zugextet. Sei es im Fernsehen, in Radio, auf der Straße auf Plakaten, Newslettern oder oder oder.
In dem Song geben ITCHY dem Hörer „drei Minuten Sicherheit“. Ohne über etwas nachzudenken und einfach mal abschalten von all dem Leid um einem herum.
Oder doch lieber Sarkasmus? „Dann kommt die Eilmeldung. Beyoncé & Jay-Z, ich dachte die trennen sich nie“ Die wichtigen Infos werden immer noch von vielen ignoriert. Menschen leiden? Ist doch egal, es betrifft mich ja nicht. Aber was für ein Skandal! Ein Promipärchen trennt sich. So nach dem Motto.
Wie man ITCHY kennt, ist der Song sicher auf die sarkastische und kritische Art und Weise gemeint.

„Herzlich Willkommen“ greift ein bisschen das Thema von Faust auf: Die Musikszene ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Herzlich willkommen beschreibt eher die Seite des Fans, der auf Konzwrte und Festivals geht. Dort, wo es laut und dreckig ist, wo es manchmal viel zu eng ist, die Wege zu lang und teilweise Bands spielen, die man gar nicht sehen möchte. Aber irgendwie fühlt man sich dort doch am wohlsten (na, wer kennt‘s?).

Leider lassen sich viel zu viele Menschen von anderen beeinflussen und einfach davon leiten. Denn selbst denken ist ja zu einfach.
„Du hast dich auf dem Gewissen“ man vergisst sich selbst, verlässt sich auf alles andere, was Politiker sagen oder was sie Medien sagen. Wird schon stimmen.
Im Kontrast dazu steht „Meine Fresse“. In dem Song kommt die Einsicht, dass man einfach mal „die Fresse aufmachen muss“, wenn einem etwas stört. Zum Glück gibt es da noch ein paar Leute, die Dinge und sich selbst reflektieren und irgendwann vielleicht doch mal reden. Denn ohne reden wird sich nichts verändern.

Der Song „Nicht Weg“ knüpft später ziemlich gut daran an. Das ist wohl der politischste Song auf dem Album. „Ich steh direkt vor dir, werd nie kapitulieren“. Man darf die Ungerechtigkeit und Rassismus niemals gewinnen lassen.  „ist es arrogante Dummheit oder dumme Arroganz?“
 
„Unser Lied“ und auch „Gegen den Wind“ passen auf dem Album auch perfekt hintereinander. Das Gefühl vom „Nicht reinpassen“, alle sind ignorant und unfreundlich gegenüber ihrer Umwelt. Hier ist auch das Video zu „Gegen den Wind“ sehr empfehlenswert ;)
„Unser Lied“ beschreibt eine Geschichte, wie Bassist Panzer vor einiger Zeit durch die Stadt lief und einen Straßenmusiker sah. Alle um ihn herum: Hektisch und schlecht gelaunt. Doch er saß da und spielte glücklich seine Songs. Am Ende sag Panzer mit ihm zusammen. „Du machst irgendwie nicht mit, hältst mit den andern niemals Schritt“ (...) „Wir machen irgendwie nicht mit, halten hier mit niemanden Schritt. Und obwohl uns keiner sieht, singen wir einfach unser Lied.“
Da sollte man sich auch öfter zu Herzen nehmen: Einfach mal entspannen und alles etwas lockerer sehen. Ein Lächeln kostet nichts.

ITCHY haben es sogar geschafft, einen Liebessong zu schreiben, ohne dass er wie ein Schlager oder zu kitschig klingt: „Pflastersteine“ ist auch eines der ruhigeren Songs auf dem Album und schön zum Träumen.


Zusammenfassend ist zu sagen, dass ITCHY zum Glück das Risiko eingegangen sind, nach 19 Jahren in ihrer Muttersprache zu singen.
Die Texte sind stimmig, ehrlich und man merkt, dass es von Herzen kommt.
Das Album ist musikalisch sehr abwechslungsreich: Songs wie „Meine Fresse“,  „Nicht Weg“ oder „Faust“ gehen nach vorne und Mitgrölen und Pogopits sind bei ihrer nächsten Tour garantiert.
Andere Songs appellieren zum Nachdenken und vor allem Selbstdenken, wie zB bei „Auf dem Gewissen“ oder auch „Godzilla“.

Hoffentlich hören wir mindestens die nächsten 19 Jahre weiterhin so gute Musik. Chapeau!

Mehr zur Band: www.itchyofficial.de

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Susi

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