Nachdem wir die Simmons und Osbornes in peinlichen, Soap-Opera-ähnlichem Real-Life-Live-Shit auf einem Fernsehsender gesehen haben, der eigentlich Musikvideos ausstrahlen sollte, erfuhren wir unlängst, dass Lemmy mit einem seiner Söhnchen die Frauen getauscht hat und Drogenratschläge erteilte, Bruce (IRON MAIDEN) protegiert den unfassbar schlechten, metallischen Auswurf seines Nachwuchses, Bonhams Thronerbe ist nicht einmal halb so gut wie sein alter Herr, Bob Dylans Sohn Jakob (THE WALLFLOWERS) schrieb in einem seiner Songs „You can never make us proud“ (o.ä.) und dann gibt es noch tonnenweise Texte über den bösen Papa, sei es von PINK, LINKIN PARK oder renommierten deutschen Hip Hops Acts wie der 3. GENERATION (das war Zynismus).
Führt zu der Frage: Gibt es nur zerrüttete oder von übermäßigem (und partiell unangebrachten) parentalen Stolz geprägte Beziehungen zwischen dem Hausherren und seiner Brut?
Nein!! Zum Glück, denn hier kommt Familie Gray um die Ecke und beweist das Gegenteil. Nathan Gray sollte man zumindest als Shouter seiner (auch von ihm) unerreichten Post-HC Band BOYSETSFIRE kennen. Vater Gray sitzt nach der Auflösung seiner Band THE CASTING OUT also auf dem heimischen Sofa und hört seinem Sohnemann Simon beim Gitarrezocken zu. Das Talent das sich ihm hier offenbart, schreit ihn förmlich an, sich den Sohn seines BSF-Bandkollegen Josh zu greifen und, zack, mit zwei weiteren Kollegen, eine Band zu gründen, die sich I AM HERESY nennt.
Davon ab, dass natürlich mit Papas Namen allein schon viele Türen aufgestoßen werden, noch bevor man irgendwas gehört hat (sei es nun hinsichtlich von effektiver PR oder auch musikalischer Antizipation), ist die Platte aber doch ganz brauchbar. Klar, Nathans polarisierende Stimme ist ein Trademark und sein BSF Einfluss ist auch nicht ganz weg zu diskutieren, aber die Platte hat „Wumms“ und Eier.
Gray besinnt sich auf seine alten Tage, auf seine alten Tage und schippert thematisch in politischen, anti-religiösen Gewässern und auch musikalisch geht es eher zurück den Wurzeln von BSF, ohne genauso zu klingen. Ich denke, wer die alten Sachen mag, kann diese Band gut finden. Wer auf Gefrickel á la CONVERGE steht, wird ebenso Freude an der Platte haben. „In the Light of a Decaying Sun“, „Seven Wolves and the Daughters Of“, „And Yet It Moves“ oder das ergreifende „Prince of the Flies“ sind einfach gehaltvoll und eindringlich. Etwas verirrt hat sich die Akustik-Ballade „Jesus Doesn´t Work Here Anymore“. Eine ganz coole Nummer, wenn auch im Text etwas sehr plakativ mit der altbewährten „We Must Change“ Parole agiert wird. Doch auch wenn ich dieses stereotype Anti-Christus Gerede genauso lächerlich finde, wie fundamentalistische Prediger oder solche die behaupten es wäre ein Beweis für die Existenz Gottes, würde er die Welt retten (Äh, ein Sohn reicht dann ja auch. (Vorausgesetzt, dass man der Geschichte glauben mag)), hat Nathan Recht „Jesus doesn´t work here anymore“ - und ehrlich: Ich würde diesen Scheißladen auch nicht mehr retten wollen. Vollgepackt mit Pack...
Aber wenn wir die Worte von Father Gray beherzigen würden (und er selbst vllt. Auch, so von wegen Auto verkaufen und Rad fahren, um nicht erneuerbare Ressourcen zu sparen), dann könnten wir uns ein bisschen von dem was Gut ist bewahren, zum Beispiel eine harmonische Vater-Kind-Beziehung. Aber das ist Ansichtssache und es geht hier ja um Musik. Die von I AM HERESY ist meiner Meinung nach gut. Nicht überragend, aber integer und mit dem einen oder anderen spannenden Element. Könnte noch etwas ausgereifter sein, macht aber Spaß zu hören.
Vielleicht sollten wir alle mehr Musik mit unseren Eltern machen...
Trackliste:
01. The Sycophant
02. In The Light Of A Decaying Sun
03. And Yet It Moves
04. Prince Of The Flies
05. Butchers!
06. Seven Wolves And The Daughters Of The Apocalypse
07. Osculum Infame
08. I Am Heresy
09. Jesus Doesn’t Work Here Anymore