Vinnie Caruana hat keine Angst vor dem Winter. Sogar wenn seine Selbstprophezeiung nicht eintritt und die Wärme in den Herzen von ihm und seinen Mitstreitern die Band so ohne weiteres durch den harten, anstehenden New Yorker Winter geleitet - so ist der Titel des besagten fünften Songs auf "Avalanche United" durchaus berechtigt. Das Nachfolgealbum zum selbstbetitelten Debüt von 2005 ist wahrhaftig fertig und krallt sich wie eine Hightech-Seuche ins Trommelfell? "Is This Really Happening?"
Kein Zweifel: Nach sechs Jahren auf und ab darf der THE MOVIELIFE-Nachfolger nach unzähligen Shows, Touren, Strapazen und Festivalauftritten gerne nachlegen. Die bekannt knallende Stimme Caruanas drückt sich ab dem prüfenden "Check, Check" von "Holy Fuck" in Michaels und Brandons schmutzige Gitarren - der Sound, die Chöre, das Stimmungsbild setzen noch einen auf "I Am The Avalanche" drauf - und die New Yorker beziehen sich deutlicher auf ihre Wurzeln und Anfänge. "Brooklyn Dodgers" und das hymnenartige Liebeslied "Amsterdam" sind magnetische Must-Have´s - schon lange haben die neuen Zeiten nicht mehr so vertraut und warm nach den alten geklungen. "Avalanche United" erklärt sich bereits im Titel selbst: Zurückschreiten, abwägen, neu fügen, selbst in die Hand nehmen. Vinnie Caruana bewertet mit seinen vertrauten Worten das Leben um Liebe und Freundschaft, ohne sich selbst in Kitsch oder Selbstmitleid zu versenken. "Casey´s Song" und "This One´s On Me" schaben dringlich und roh an den Eckpfeilern des ehrlichen, jungen Ostküstenpunkrocks, den frühe SAVES THE DAY oder eben THE MOVIELIFE so schmackhaft und positiv in die Gehörgänge pflanzten, bevor sich eine Szene selbst beinahe zu Tode künstelte. Das diese Szene nicht bloß schwimmende Mode ist, beweist der Freundeskreis von I AM THE AVALANCHE, der mit Anthony Raneri bei "The Gravedigger´s Argument" nach all den ins Land gezogenen Jahren selbst mit anpackt und über und über positive Erwähnung findet.
"The Place You Love Is Gone" wirkt wie selbstverständlich aus dem Ärmel geschüttelt, jedoch wird nicht eine Sekunde von "Avalanche United" für leichtfertigen Ballast oder unbedeutende Fetzen geopfert. Sechs Jahre sind zwar Tage und Nächte genug für Vinnie, Kellen, Brandon, Brett und Michael, um Song für Song, Minute für Minute neu zu durchkämmen oder anders zu bewerten. "Avalanche United" jedoch ist die trockene Vollkommenheit eines modernen Punkrockalbums, dass genauso klassisch wie erhaben im Sattel sitzt wie dem New Yorker seine Abgebrühtheit. "Dead And Gone" oder "I Took A Beating" waren der glatte und zarte Anfang, Album Nummer zwei macht anno null-elf die Luke dicht und lässt hoffende Fragezeichen in gut 35 Minuten einfach verdampfen. Wer sich den berechtigten Kampfgesängen am Ende des auflösenden "Gratitude" nicht annehmen will, sollte bitte nochmals mit Sandmännchen gucken anfangen. Oder ganze Nächte über das Cover-„Artwork“ philosophieren.
Trackliste:
01. Holy Fuck
02. Brooklyn Dodgers
03. Amsterdam
04. I'll Be Back Around
05. Is This Really Happening?
06. This One's On Me
07. Dead Friends
08. You've Got Spiders
09. The Gravedigger's Argument
10. Casey's Song
11. The Place You Love Is Gone
12. Gratitude