Plattenkritik

Ice Cube - I Am The West

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Release Date: 01.10.2010
Datum Review: 15.03.2011

Ice Cube - I Am The West

 

 

ICE CUBE ist der jüngeren Generation wohl eher durch seine Filme ein Begriff. Dabei ging auch er, wie viele seiner Kollegen, den Weg vom Musiker zur „Hollywood Größe“. Anscheinend hat er auch damit mehr Erfolg, denn sein nunmehr achtes Album, welches er über Lench Mob veröffentlicht, ist wieder einmal nur Mittelmaß.

Ende der 80er haut ICE CUBE mit seinen Ghetto-Kollegen DR. DRE und dem damaligen Drogenhändler EAZY-E den Hip-Hop Klassiker „N.W.A. - Straight Outta Compton“ auf, der der Welt ein Musikgenre vorstellte, dass nicht nur das Business, sondern auch das soziale Kollektivgefühl des weißen Amerikas verändern sollte. Junge, wütende Farbige aus dem Ghetto brachten der upper-class ihre Straßenkultur näher: Drogen, Waffen, Gangs und jede Menge Frauen. Seit dieser Zeit ist der Gangsta-Rap eher zu etwas lächerlichem verkommen und es gibt immer weniger Sympathieträger, die auch das Recht authentisch zu sein für sich beanspruchen können. Männer wie ICE CUBE, die wie die Kollegen von BODY COUNT nachweislich auch ein Einfluss waren, die in den „L.A. Riots“ (die Farbigen nennen es „L.A. Uprising“), 1992, gipfelten, stehen unangefochten an der Spitze der Integrität, die sich unsere Vorzeige-Rüpel wie BUSHIDO nur wünschen können.

Jedoch hat sich seit den 90ern die musikalische Karriere, zumindest in Übersee, nicht gerade zu Gunsten ICE CUBEs verändert. Seine Verkaufszahlen immer noch traumhaft, Platin, Gold etc., jedoch immer weniger Chart-Platzierungen führten, vielleicht, dazu, dass der Rapper sich dem Metier des Films zuwendete und hier einige Film-Klassiker, von unterschiedlicher Qualität, zu verzeichnen hat: „Boyz ´n The Hood“, die „Friday“-Trilogie, „Anaconda“, „Three Kings“, „Ghosts of Mars“ und andere. Auch als Regisseur und Produzent war der gelernte Bauzeichner und „self-made man“ umtriebig und nun erscheint „I Am The West“, eine Ansage, der man auf den Grund gehen muss.

Textstellen, wie „Googe me, bitch, wanna know, if I am famous“ oder „I am kinda sweet like toffee“ sind ehrlich gesagt amüsant, aber auch schwach, um nicht zu sagen: Tausend Mal gehört! Jedoch gibt es da noch Tracks wie „No Country For Young Men“, die immer noch nichts vom sozial-kritischen Biss früherer Tage verloren haben. „It Is What It Is“, eine Ode an die Familie, zeichnet da ein anderes Bild: Ein verantwortungsbewusster Erwachsener, der zwar nicht wirklich einen Ausweg sieht, aber dennoch weiß, was er tut und warum. Natürlich strotzt das Album vor patriotischen Heimathymnen, wie „Nothing Like L.A.“. Alles in allem, eine Platte, wie man sie wirklich erwartet hat, die nichts neues, aber nicht viel schlechtes bietet. Die Beats sind sehr klassisch, darf ich sagen typisch? Nein, so viel Know How gestehe ich mir nicht zu. Aber ich habe ähnliche Qualität bei Freunden auf ihren Rechnern gehört, die sie selber produziert, ersonnen, haben. Von daher, nun ja, kann ich da nicht sagen: „Ah, da hört man einen Meister!“

Ich für meinen Teil bin es leid von irgendwelchen reichen Typen zu hören, wie hart das Leben doch ist. Drauf ge********, ob sie Amis sind oder aus Deutschland kommen. Alter, wenn ich so ´ne dicke Karre und eine Eigentumswohnung hätte, dann käme ich mir ziemlich dämlich vor, wenn ich über den harten Straßenalltag rappte. ICE CUBE hat zumindest immer wieder so einen Funken Hoffnung oder pädagogischen Gehalt, wie in „Hood Robbin´“, der unseren deutschen Möchtegern-50-Pfennigen abgeht. Da kommt so ein bisschen der Wegweiser durch. Wenn man wirklich von unten kommt, und das bezogen auf das US-amerikanische (nicht vorhandene) Sozialsystem und nicht unser fürsorgliches in der BRD, aber durch sein Talent und seine Arbeit seine Kinder mit Sicherheit auf eine Privatschule schicken kann, da hat man auch viel an Durchhalteparolen an seine Zuhörer abzugeben. Und das tut ICE CUBE, das rechne ich ihm hoch an. Dennoch scheitert dieses Album als Kampfansage an die junge Generation der West-Coast-Rapper. ICE CUBE ist leider nicht „The West“, sondern nur ein betagter Löwe, der dem jungen Neuen, der in seinem Revier herum streunt und den Weibchen hinterher jagt, nur ein schwaches Brüllen entgegen zu setzen hat.
Und man sollte anderen reichen Kollegen ihr Geld nicht vorwerfen, zumindest nicht, dass sie mehr haben als man selbst und man mehr hat, als der Durchschnittsmensch, das wird einfach nur neidisch und somit lächerlich.

Nostalgie und ein bisschen Kopfschütteln transportiert „I Am The West“; das war es dann aber auch schon. Verloren der Grip der 80er. Doch Cube kann immer noch mehr als den Quoten-Farbigen in durchschnittlichen Filmen spielen, zum Beispiel jungen Künstlern beratend zur Seite stehen, ihnen aber nicht „im Weg“.
Wünschen wir ihm das Beste, eine der letzten lebenden Legenden des Rap.

Tracklist:
1.A Boy Was Conceived
2.Soul On Ice
3.Life In California
4.She Couldn´t Make It On Her Own
5.Urbanian
6.Ya´ll Know How I Am
7.Too West Coast
8.I Rep That West
9.Drink The Kool-Aid
10.No Country For Young Men
11.It Is What It Is
12.Hood Robbin´
13.Your Money Or Your Life
14.Nothing Like L.A.
15.All Day, Every Day
16.Fat Cat

Autor

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Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.