Die Spielleute sind zurück – ach Moment, das waren IN EXTREMO früher, heute hat sich da einiges getan. Natürlich sind hier und da Dudelsäcke zu hören, natürlich wird oft über die „7“ gesungen, natürlich möchte man immer noch als „Verehrt und Angespien“ gelten, natürlich zitiert man „Stella Splendens“ in „Siehst du das Licht“, aber irgendwie nimmt man es IN EXTREMO dieses Mal nicht ab.
Man könnte meinen die sieben Musiker besingen sich selbst im Lied „Gold“, wenn es heißt „Es ist nicht alles Gold was glänzt“. Denn egal ob die Berliner es nun geschafft haben an der ersten Stelle der deutschen Charts zu landen, ihr Album Nummer 10 hat es eigentlich nicht verdient. Dies liegt nicht einmal daran, dass sie nach dem äußert erfolgreichen letzten Album „Sängerkrieg“ ihren Schlagzeuger gewechselt haben und dieser nun schlecht spielen würde, man sich den Grafen der momentanen Gothic-Überflieger UNHEILIG als Gastsänger geholt oder mit „Stalker“ einen Song fernab aller Mittelalterthematik geschrieben hat.
Nein, es liegt an der Gesamtkonstellation, dass „Sterneneisen“ nicht überzeugen mag. Viele kleine Fehler zerstören das große Bild. Der Text des vorab ausgekoppelten Openers „Zigeunerskat“ beispielsweise ist so einfach gestickt, dass höchstwahrscheinlich ein Kindergartenkind den Refrain bereits beim ersten Hören in der zweiten Wiederholung komplett mitsingen kann, an einigen anderen Stellen wird getreu dem Motto „Reim-dich-oder-ich-fress-dich“ „Wieder und wieder sing ich meine Lieder“ gereimt! Der Gesang auf „Vida La Vida“ der gewollt betrunken klingen soll, nervt und strengt an. Auch das obligatorische „altertümliche“ „Zauberspruch No. VII“ reißt nicht vom Hocker, wirkt zu gewollt und passt nicht in die sonst doch sehr metallische Grundkonzeption von „Sterneneisen“. Weitere Fragen die sich beim Hören stellen sind: Was soll die Metallica „One“-Einlage im Mittelteil von „Auge um Auge“? Warum wählt man mit Mille Petrozza von KREATOR im Lied „Unsichtbar“ einen Gastsänger dessen Stimme von der Michael Rheins beinahe nicht zu unterscheiden ist?
Alles in allem also ein Album, welches ziemlich ärgerlich ist, mit dem Titeltrack „Sterneneisen“,„Gold“ und „Ich vermiss dich“ drei gute Lieder enthält und vielen Mittelalter-IN EXTREMO Fans durch seine fast komplette Zuwendung zum Rock/ Metal (auch wenn der Dudelsack oft im Hintergrund dudelt) verschrecken wird. Die hervorragende Produktion und die natürlich, bei aller Kritik, Live sicher wunderbar funktionierenden Refrains retten IN EXTREMO vor der totalen Bruchlandung – man kann nur hoffen, dass die „glorreichen“ Sieben wieder die Kurve kriegen und wenigstens an „Mein Rasend Herz“ anknüpfen. Vielleicht scheint dann auch wieder der „Vollmond“ über den Berlinern!
Tracklist:
01. Zigeunerskat
02. Gold
03. Viva La Vida
04. Siehst du das Licht
05. Stalker
06. Hol die Sterne
07. Sterneneisen
08. Zauberspruch No. VII
09. Auge um Auge
10. Schau zum Mond
11. Unsichtbar
12. Ich vermiss Dich