DREAM THEATER ist wie Free Jazz: Dann am schönsten, wenn die Musik verstummt. Aber Provokationen beiseite. Ich mag DT nicht besonders. Dafür schätze ich das, was deren Sänger James LaBrie unter dessen Namen als Soloalben auskoppelt, die er gemeinsam mit seinem Songwriting-Partner Matt Guillory komponiert. Wobei man vielleicht fairerweise darauf hinweisen sollte, dass es letztgenannter ist, der für die Musik hauptverantwortlich zeichnet. Drummer Peter Wildoer dürfte jedem der die Drum-Auditions von DT verfolgt, und DARKANE nicht kennt, ebenso ein Begriff sein. Weiterhin Marco Sfogli an der Gitarre, Ray Riendeau am Bass. Somit wieder das unschlagbare Team, dass mich mit „Static Impulse“ aus dem Jahre 2010 zu überzeugen wusste und hohe Maßstäbe für das eigene Songwriting setzte.
Ich bin überhaupt kein Befürworter von LaBries Gesang. Da teile ich Portnoys einstige (möglicherweise falsch wider gegebene und aus dem Kontext gerissene Aussage von einst, dass ANSELMO eine passendere (bessere) Besetzung für den Gesang gewesen wäre, wobei dessen Output dieser Tage auch eher zu wünschen übrig lässt. Aber bei LaBrie selbst, kann der Kanadier mich mit jedem seiner Songs püberzeugen! Die vokalen Kontraste die hier gemalt werden, zwischen dem Shouting und den sanften Klängen, ist einfach großartig. Dazu die effektiv eingesetzten Keyboards, die eine wichtige Komponente der Lieder darstellen, ohne dass jene aber überladen wirken würden. Eine nicht mal im Ansatz semipermeable Gitarrenwand, wenn sie denn hochgezogen wird und nur für kurze Verschnaufpausen schwindet. Drums: Na, die muss ich nicht weiter kopieren. Die Arbeit Wildoers spricht seit jeher für sich selbst. Bass, ja. Vollkommen in Ordnung. Könnte eine Idee mehr sein, aber vielleicht würde es dann doch etwas viel werden und nicht mehr songdienlich sein. Des Weiteren zeichnet sich „Impermanent Resonance“ durch wundervolle Melodien in einem episch-progressiven Ambiente aus, das seinen Hörer jedoch nicht im musiktheoretischen Dschungel verliert, sondern in poppige Höhen erhebt und in Tiefen, in denen der schwedische Todesstahl, regiert hinab schleudert. „Back On The Ground“, „Agony“, „Slight of Hand“ oder „Lost In The Fire“ können meiner Meinung nach den Vorgänger noch übertrumpfen, so ergreifend, ja nahezu atemberaubend sind die Songs arrangiert. Ähnliche Begeisterung überfiel mich zuletzt bei der jüngsten Veröffentlichung vom DEVIN TOWNSEND PROJECT.
„Impermanent Resonance“ weist für mich keine besonderen Schwachstellen aus. Klar, nicht jeder Song kann ein Kaliber wie, beispielsweise, „Holding On“ aufweisen, doch im Grunde kann ich jedes der 12 Stücke als Hörempfehlung für Interessierte aussprechen.
Würde LaBrie eines Tages DT verlassen (ohne Portnoy hat er wohl wenig Grund dafür), um sich aussschließlich JLB zu widmen, ja, das könnte ich verstehen. Die letzte DT ist für mich die Beste der US-amerikainschen Prog-Truppe, doch „Impermanent Resonance“ schlägt sie mit Leichtigkeit. Aber es ist natürlich immer alles eine Frage des guten/schlechten Geschmacks und auch der, ob man nun beide Formationen generell in direktem Vergleich betrachten kann/darf/sollte, vor allem stilistisch.
Tracklist:
1. Agony (4:23)
2. Undertow (4:02)
3. Slight Of Hand (5:21)
4. Back On The Ground (4:05)
5. I Got You (3:46)
6. Holding On (4:53)
7. Lost In The Fire (3:52)
8. Letting Go (4:17)
9. Destined To Burn (4:00)
10. Say You're Still Mine (3:32)
11. Amnesia (3:43)
12. I Will Not Break (3:52)