Man bekommt so gewissermaßen seine Zweifel, wenn Mitglieder einer großartigen Band anfangen auf Solopfaden zu wandeln. Manches Mal entstehen dort neue Perlen, welche die Protagonisten in ihrer Stammband nie in der Lage gewesen wären zu kreieren. Manches Mal möchte man gerne die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich fragen, was dieses sinnlose Zeug denn nun soll. Bei JOHN K. SAMSON wird ganz eindeutig klar, dass ihm eine komplette Loslösung vom Stil und Klang von THE WEAKERTHANS niemals gänzlich gelingen kann. Zu markant diese Stimme. JOHN K. SAMSON wird immer THE WEAKERTHANS bleiben. Da kann sich das Instrumentarium drumherum noch so ändern.
Wirklich viel ändert sich an der Instrumentalisierung aber auch nicht. Und das macht die Grenzziehung zu JOHN K. SAMSONS Stammband umso schwieriger. Es geht etwas ruhiger zu als bei den alten Kanadiern, bleibt aber im Rahmen des alten Indie. Streicher, eine weibliche Zweitstimme, Besen auf den Fellen. Der Titel verrät, dass hier die Uhren anders gehen. Eben etwas ruhiger, entspannter. Einen Hang zu leichter Melancholie kann man JOHN K. SAMSON ohne Zweifel attestieren. So ist es eben ein bisschen wie mit dem Auto durch verlassene Gegenden fahren, die Landschaft zieht vorbei mit all ihren beruhigenden Eindrücken, ruhigen Eindrücken, wo es ist, wie es ist und wo man ist, wie man ist. Das Konzept des Albums liegt klar auf der Hand: fahren, Auto, Freiheit, Bekanntes, Neues, Flucht, Ankommen, Verkehrsbehinderungen. Vielleicht musste JOHN K. SAMSON auch seine Tourerlebnisse verarbeiten. Fahren ist eben auch immer irgendwie das Weg von etwas, auch wenn man es oftmals nicht loswird.
"Cruise Nights" erzählt von der großen Freiheit, ohne auch nur ansatzweise Truckermäßig zu wirken. Vielmehr ist dies einer der wenigen Songs auf der Platte, der ein wenig an Fahrt im wahrsten Sinne des Worte gewinnt. "When I Write My Master´s Thesis" schafft dies nochmals und spätestens bei "Longitudinal Centre" ist die Grenze zur Vergangenheit zum Einsturz verdammt. Nachts war Herr Samson wohl auch häufiger unterwegs und -dank Kanada- wohl auch öfter zu Schneefallzeiten. Immer wieder Eis und Schnee. Glatt, kalt, verfroren, gefährlich, behindernd, wunderschön, ruhig und friedlich. Diesen Bogen muss erst einmal eine andere Verkehrsbehinderung hinbekommen.
Größtenteils verliert JOHN K. SAMSON aber an Fahrt. Die Melancholie in seiner Stimme wurde vom musikalischen Vorwärts der WEAKERTHANS immer noch ausgeglichen, aber dies gelingt nun nicht mehr.
Und dann kommt ein Song wie "Stop Error", der sich so wundervoll traditionell nach Traditional anhört als wolle er uns dorthin schubsen, wo noch Wurzeln zum festhalten sind und die Erde dazu auch taugt und schreit textlich nach vergraben. "Taps Reversed" zieht einem im Geiste zu SIMON & GARFUNKEL und das liegt fast nur an diesem Klavierlauf.
JOHN K. SAMSON jammert aber immer noch nicht. Er leidet auch nicht, auch wenn es seine Stimme gerne suggerieren möchte. Hier wird beobachtet, erlebt, beschrieben und benannt. Keine Patentrezepte, keine Lachen aus Leid in welchen man sich suhlen könnte. Man könnte höchstens ein Stück das Weges den Beifahrer mimen und einen Teil des Blickfeldes durch die Frontscheibe mit erhaschen. Und JOHN K. SAMSON dreht das Autoradio auf aus welchem irgendwie immer THE WEAKERTHANS tönen werden. Doch dies ist kein schlechtes Radioprogramm. Drive careful!
Tracklist:
1. Highway 1 East
2. Heart of the Continent
3. Cruise Night
4. Grace General
5. When I Write My Master’s Thesis
6. Letter in Icelandic from the Ninette San
7. Longitudinal Centre
8. www.ipetitions.com/petition/rivertonrifle/
9. The Last And
10. Stop Error
11. Highway 1 West
12. Taps Reversed
P.S.: Danke Dom!