Plattenkritik

K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn

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Release Date: 03.06.2011
Datum Review: 22.06.2011

K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn

 

 

Um hier mal ein Fass aufzumachen: gut möglich, dass K.I.Z. von einem Großteil ihrer Hörerschaft kolossal missverstanden werden. Dass all die Feuilletonisten, die in ihnen auch mit Album Nummer Fünf die Heilsbringer des Hip Hop sehen und ihnen alle möglichen intellektuellen Subtexte in ihren Lyrics unterstellen sich irren. Dass der Berlin-Vierer vielleicht doch einfach nur eines will: Pöbeln.

„Urlaub fürs Gehirn“ jedenfalls lässt wenig Zweifel daran, dass es K.I.Z. nie darum ging, die Welt mit ihrem oftmals auch auf den zweiten Blick pubertären Humor zu verbessern. Klar, die eine oder andere politische oder gesellschaftliche Aussage kann man sich nicht verkneifen und mit „Abteilungsleiter der Liebe“ ist auch ein tatsächlich gesellschaftskritischer Song auf dem Album zu finden. Zu weiten Teilen aber verlassen sich Tarek, Maxim, Nico und DJ Craft auf das, was sie ohnehin am besten können: in die verschiedensten Rollen schlüpfen und sich größtenteils auf die niedersten Instinkte dieser Personen zu beschränken, um das Maximum an Wortwitz und „Scheiß auf alles“-Attitüde heraus zu holen. In dieser Hinsicht macht ihnen derzeit im Deutschrap außer KOLLEGAH auch niemand etwas vor.

Denn lachen muss man häufig auf „Urlaub fürs Gehirn“. Das Schöne an K.I.Z. bleibt jedoch, dass sie nicht das Schicksal etlicher Blödelbarden ereilt, bei denen die Luft schon nach dem ersten Hören draußen ist und die damit immer wieder dafür sorgen, dass das oft geäußerte Kredo, dass „Comedy-Rap“ in den allermeisten Fällen scheiße ist noch unterfüttert wird. Woran es liegt? Zum einen an den diversen Doppeldeutigkeiten und Anspielungen, die sich beim ersten Hören noch gar nicht allesamt erschließen können. Zum anderen aber an der generellen Stärke der Jungs, stets den richtigen Chorus zum richtigen Song zu finden. Zwar mögen die großen Hits a’la „Hurensohn“ oder „Geld essen“ diesmal fehlen, aber ein Gespür für eingängige Hooks ist nach wie vor vorhanden.

Was an „Urlaub fürs Gehirn“ aber vor allem auffällt ist der Wille, sich wieder verstärkt in heimischen (sprich: Berliner) Gefilden zu tummeln. Hier offenbart sich einmal mehr, dass K.I.Z. trotz ihrer lyrischen Überlegenheit immer noch am liebsten im Dunstkreis derer agieren, die sie doch nach Aussage so vieler Hörer „kongenial verarschen“. So sind dann auf dem „Neuruppin“-Nachfolger „Lauf Weg“ abermals die drei Double-Time-Horrorrapper VORK, KANNIBAL ROB und DRAMAKUBA zu hören, die außerhalb der Berliner Hip Hop-Szene kaum einer kennt und auch solch illustre Gestalten wie KING ORGASMUS, TONY D oder SMOKY geben sich die Ehre. Und in der Tat: Songs wie „In Seiner Mutter“ erinnern textlich deutlich stärker an alte Royal Bunker-Zeiten als an die letzten beiden etwas zahmeren Alben. Je nach Erwartungshaltung also ist „Urlaub fürs Gehirn“ entweder eine Enttäuschung, da textlich weitaus stärker in klassischen Berliner Untergrundgefilden wuchernd als die letzten Jahre üblich oder eine willkommene Erinnerung daran, wie witzig die Jungs auch schon zu Zeiten des „Rapdeutschlandkettensägenmassakers“ und besonders auf „Böhse Enkelz“ waren. Ihre Gerechtigkeit jedoch haben sie beibehalten. Wenn auf „Doitschland schafft sich ab“ Frauen, heterosexuelle Männer, homosexuelle Männer und homophobe Vollpfosten gleichermaßen ihr Fett weg kriegen, dann lachen sie alle. Oder eben nicht.

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Manuel F.

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Eher so der Kumpeltyp.