Ich hätte (und hatte) KOKOMO nicht dieses immense Wachstumspotenzial attestiert, welches sich dann doch im Nachhinein für mich ergeben hat. „If Wolves“, das war für mich zunächst zwar eine souverän gespielte, aber eben auch nah an den Standards verhaftete Postrock-Genreplatte. Nah an den Standards halten sich KOKOMO tatsächlich auf; wie Standard klingen tun sie deswegen aber nicht, das weiß ich mittlerweile – und „If Wolves“, die gehört mittlerweile zu meinen absoluten Lieblingen im Metier des instrumentalen Bombasts. Auch das nun erscheinende zweite, selbstbetitelte Album macht das schnell klar: Keine neuen Werkzeuge im Postrock-Baukasten, aber meine Liebe, wie theatralisch und pur klingen diese Tremolo-Picking-Gitarren-Soundwände?! Allein die erste davon auf diesem Album wischt in wenigen Sekunden direkt mit der Mehrzahl vergleichbarer Bands kurzerhand den Boden auf. Und das im Großen und Ganzen bis zum Ende – auch, wenn das Repertoire – ganz ähnlich wie beispielsweise bei Vertretern wie EXPLOSIONS IN THE SKY - streng begrenzt bleibt. Diese Reduzierung kommt dem Album allerdings nur zu Gute; „Kokomo“ hält sich nicht mit Experimenten auf, konzentriert sich zu Hundertprozent auf die kühle und sphärische Grundstimmung. Mit der sie übrigens so etwas wie eine etwas konservativere Version der phänomenalen „Tunnel Blanket“ von THIS WILL DESTROY YOU geschaffen haben. Ah doch, ein Experiment wäre da doch noch zu vermerken: „Ein Dachts hat Zweifel“ (großartiger Titel) kommt ganz ungewohnt mit Saxophon daher, welches sich nach Minuten des Aufbaus ganz langsam und unauffällig hinzu schmiedet. Durch die Sensibilität des Spiels und des Einbaus und der bis dahin streng eingehaltenen Reinheit der Platte ein Gänsehaut-Moment sondergleichen. Eine Richtung, in der sich KOKOMO in Zukunft gerne weiter austoben dürfen. Bis dahin darf sich aber der Größe und Schwere dieser melancholischen Verausgabung voll und ganz hingegeben werden.
Tracklist:
1. Kaputt Finker
2. They Seem To Be Dead Set
3. Tauben im Gras
4. Ein Dachs hat Zweifel
5. Deconstructure
6. Le Trieste