LINGUA NADA ist deine neue Lieblingsband. Immer dann, wenn du denkst, du weißt genau was passiert - genau das passiert nicht. LINGUA NADA spielen auf “Snuff” irgendeine Mischung aus Post Hardcore, New Wave und Indiepunk: herausgekommen ist ein vertonter DMT-Trip mit ADHS. Beginnt das Album mit “Svrf Party” tatsächlich noch eher gemächlich, wird spätestens ab der Hälfte des Songs gelärmt, gewütet und auf jegliche Konventionen geschissen. Gewohnter Songaufbau? Fehlanzeige. Innerhalb von wenigen Minuten verbraten die Leipziger so viele Ideen, die andere Bands für ihre komplette Diskografie benötigen. Und dabei klingen LINGUA NADA noch lange nicht fertig. Die Energie der Band ist schlichtweg atemberaubend. Die Instrumentalfraktion frickelt, swingt, beruhigt sich und rastet wieder aus. Dazu gesellt sich der alles überragende, hungrige Gesang von Sänger Adam, welcher von Singen, Flüstern, Brüllen, Schreien usw. einfach alles zu beherrschen scheint. Nicht perfekt zwar - aber das ist egal. Auf “Snuff” passiert genau das, was passieren soll. Und wenn ein Song eben mitten im Aufbau abbricht, damit ein komplett anderer von vorn startet, dann ist das halt so. Hier wurde nur das gemacht, worauf die Band und vor allem Sänger, Songwriter und (Co-)Produzent Adam Lennox Jr. Bock hatte. Und nur das. Kompromisslos.
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Trotz der absurden Strukturen, den wirr wirkenden Sounds, der überfrachteten Melodien und der unvorhersehbaren Strukturen durchzieht sich durch das komplette Album eine starke Homogenität und kein Ton, kein Geräusch fühlt sich an irgendeiner Stelle auch nur im Entferntesten deplaziert an. Generell wird auf “Snuff” so ziemlich jedes bekannte Genre mindestens einmal durch den Mixer gejagt, durch seine eigenen Organe geschoben und zu Soundwurst verarbeitet. Wieso auch festlegen.
Im Opener werden unpeinlich RED HOT CHILI PEPPERS zitiert - normalerweise eine Sünde negativer Art. “Lvl 100” lärmt so dahin, spielt Ostern und versteckt so viele Melodien, dass selbst im 10. Hördurchlauf noch neue zu entdecken sind. “Hypertension” klingt wie MY CHEMICAL ROMANCE auf Speed. Kein Witz! Wer die stimmlichen Ähnlichkeiten (im eben genannten Song) zwischen Gerard Way und Adam Lennox Jr. leugnet lügt. Eindeutig. Niemand muss sich schämen früher “Helena” gefeiert zu haben. Hier kommen wir zum Punkt: “Snuff” ist das endgültige Produkt der Generation Myspace. Die Artworks der Band geben ein völlig übertriebenes HTML-Emo-Theme ab. Fehlen nur noch die Augenkrebs auslösenden Blinke-Smileys - diesen Part übernimmt die Musik selbst. Wir erleben hier eine Art Revival eines Genres, welches es nie ganz in den Mittelpunkt geschafft hat: Emo-Mathcore. FEAR BEFORE THE MARCH OF FLAMES, THE NUMBER TWELVE LOOKS LIKE YOU, THE STILETTO FORMAL, THE FALL OF TROY, TERA MELOS und die ganzen weiteren Bands mit den viel zu langen oder abstrusen Namen - LINGUA NADA sind euer Erbe. Es ist natürlich viel zu einfach die Leipziger Band nun mit diesem Genrebegriff abzuspeisen, weil auch so ziemlich alles andere, was musikalisch in den letzten Jahren irgendwie “in” war, auf “Snuff” Einfluss hatte.
Trotz all der Crazyness, Verspultheit und verschachtelt, verloopten Songs befinden sich auf “Snuff” immer wieder wunderschöne Melodien, für die es sich lohnt, sich mehrmals durch das Album zu kämpfen. Beispiele: der radiotaugliche Gesang zu Beginn bzw. das elektronisch unterlegte Ende von “Cyanide Soda”, das mit seinen Noisesounds ambivalent wirkende, folklore Outro von “Mechakintosh” oder die vermutlich ungewollte MY BLOODY VALENTINE-Homage “Spit” - nur einige Höhepunkte in einem schlichtweg grandiosem Debut.
LINGUA NADA haben mit “Snuff” das bisher verrückteste und abwechslungsreichste Album des Jahres geschrieben und gehören zusammen mit der Flensburger Band LIRR zur Speerspitze einer neuen Post-Hardcore/Mathcore-Generation, welche gerade dabei ist, sich neu zu entwickeln.
LINGUA NADA - Snuff: