Plattenkritik

La Dispute - Wildlife

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 11.11.2011
Datum Review: 30.10.2011

La Dispute - Wildlife

 

 

The Wave. Eigentlich ist das alles schon wieder viel zu viel. "Die Zukunft des Hardcore" urteilt ein großes Printmagazin, welches gleichzeitig exklusiver Herausgeber des Albums für Deutschland ist. Aus ein paar guten Bands, die ihren Hardcore sehr emotional und energisch interpretieren, wird natürlich wieder eine ganze "Bewegung". Doch werfen wir mal einen Blick auf das Album, auf "Wildlife". Hören wir LA DISPUTE zu und lasst uns einfach mal das Geschwafel ignorieren.

Es dürfte nicht wenige Leser geben die nach dem fantastischen „Somewhere At The Bottom Of The River Between Vega And Altair“ enorme Erwartungen an das zweite abendfüllende Werk der Mannen um Jordan Dreyer hatten. Eben jenes, 2008 erschienene, Epos ist und bleibt ein Strudel der überwältigenden Emotionen. Erzählerisch außergewöhnlich, musikalisch aufwühlend. Der Gegensatz zwischen laut und leise, zwischen Hardcore und Post/Indie-Rock zeichnete das Album aus. "Wildlife" führt das alles fort und geht noch weiter.

"Wildlife" beeindruckt sofort. 57 Minuten, Songlängen bis zu sieben Minuten. Allein damit sind LA DISPUTE schon so wenig Hardcore wie man eigentlich nicht Hardcore sein kann. Und die ersten Durchläufe bestätigen diesen Eindruck nachhaltig. Die Jungs schürfen noch tiefere Wunden, halten sich auf den ersten Hör aber mit dem Lärmmachen relativ zurück. Viele nachdenkliche Momente, ein Sammelsorium aus ruhigen, beschwörenden Gitarrenakkorden. Und so zieht das Album an jedem unaufmerksamen Hörer gnadenlos vorbei. Nur in Verbindung mit den Texten funktioniert "Wildlife". Doch selbst dann sucht man zunächst, dabei liegt die Betonung auf zunächst, nach einem Song zum Festhalten. Kein Hit, aber ein Stück welches den Hörer weitermotiviert. Und dann kommt "King Park". Ein Wahnsinn. In diesem Moment übertreffen sich LA DISPUTE selbst und erschaffen eine kaum nachvollziehbare Dynamik. Intensiver gehts nicht. Und so kommt "Wildlife" Stück für Stück. Auf einmal erkennt man wie großartig eigentlich "Harder Harmonies" ist, wie "Safer In The Forest/Love Song For Poor Michigan" sich in ein einziges Hörerlebnis steigert und das "You And I In Unison" ein musikalische beinahe makelloses Album perfekt abschließt. Schnell sind anfängliche, irrtümliche Kritikpunkte vergessen. Man vermisst nicht mehr das Gitarrenspiel des Vorgängers, die neuen Riffs wirken schließlich noch deutlich nachhaltiger. Mehr Wut und Härte ist nicht nötig, das würde nur stören.

Über allem: Jordan Dreyer. Der Mann der aus LA DISPUTE eine klassische Love-it-or-hate-it-Sache macht. Enorm ausdrucksstark aber auch extrem eigen. Seine Stimme ist der Knack- und Höhepunkt des Albums zugleich. Mit ihm stehen und fallen die Emotionen. Jordan hat ein unverkennbares Profil, stellt ein weiteres Alleinstellungsmerkmal dar.

Zusammenfassend ist "Wildlife" ein lyrisch überragendes und musikalisch tiefschürfendes Album, welches für mich ein heißer Kandidat und auf eine sehr, sehr langfristige Dauerrotation in meiner heimischen Anlage ist. Oder im Bus. Oder beim Schneeschippen.

PS: LA DISPUTE werden oft mit TOUCHÉ AMORÉ und DEFEATER verglichen, dabei rufen sie eher AT THE DRIVE-IN oder THURSDAY ins Gedächtnis ohne an diese Bands zu erinnern. LA DISPUTE sind nicht die Zukunft des Hardcore, nichtmal im Ansatz. Sie sind nur eine herausstechende Band die sich nach und nach eine komplett eigene Nische im Post-Hardcore (da war das böse Post-Wort...) schafft. Deswegen frage ich mich: wiese müssen derartige Bands immer mehr sein? Lasst sie einfach musizieren. Bitte.

Tracklist:

1. A Departure
2. Harder Harmonies
3. St. Paul Baptist Church Blues
4. Edit Your Hometown
5. A Letter
6. Safer In The Forest / Love Song For Poor Michigan
7. The Most Beautiful Bitter Fruit
8. A Poem
9. King Park
10. Edward Benz, 27 Times
11. I See Everything
12. A Broken Jar
13. All Our Bruised Bodies And The Whole Heart Shrinks
14. You And I In Unison

Autor

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Enrico

Autoren Bio

Je ne sais pas. Ein Hoch auf meine Standardantwort im Französischunterricht in der Schule.