Plattenkritik

Linkin Park - A Thousand Suns

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 10.09.2010
Datum Review: 20.09.2010

Linkin Park - A Thousand Suns

 

 

LINKIN PARK waren schon immer eine Band der Kontroverse. Größen des oft verhassten und unendlich diskutierten Nu-Metals, kommerzieller Boom mit „härterer“ Musik, generell der Hype, eine Veröffentlichungspolitik, die bis heute mehr Remix-/Live-/Selbst-Rippoff-Platten zur Folge hatte als eigentliche Studioalben, das letzte Album und der damit verbundene Stilwandel, den viele Fans als Beugung gegenüber des Mainstreams interpretiert haben, ach und die Fans natürlich selbst, und halt letztlich die Musik– sucht euch einen Grund aus, diese Band zu verreißen. Und als ob das nicht genug wäre kommt mit „A Thousand Suns“ genau der „Minutes To Midnight“-Nachfolger, welche Fans der ersten beiden Alben gefürchtet haben: Noch weniger „Hybrid Theory“, noch mehr ruhigere Stücke, generell noch mehr Pop und generell alles irgendwie anders. Wer mag LINKIN PARK bitte noch im Jahr 2010? Die alten Fans? Oder gar diejenigen, die schon immer diese Band verflucht haben? Ich bitte euch. Aber ich mag sie – und das überrascht mich enorm, fand ich doch die „The Catalyst“-Single im Vorfeld so schrecklich plastisch, uninteressant und lieblos. Und genau wie Kollege Raphael habe ich mich über Veröffentlichungspolitik und all das Drumherum aufgeregt, und letztlich habe ich diese Band wie so viele nach „Minutes To Midnight“ zu den Akten gelegt, kurz: Mir war das neue LINKIN-PARK-Album völlig schnuppe. Und hätte mir im Vornhinein wer gesagt dass ich für ein neues LINKIN-PARK-Album nochmal sage und schreibe 8 Punkte rausgebe, hätte ich die Person ausgelacht. Doch letztlich sollte man Alben auch immer bis zum Schluss (oder überhaupt) hören, bis man über sie urteilt, und bei der eigentlichen Musik – wenn es gilt, sie möglichst objektiv zu bewerten – all das Drumherum, über das sich eh immer schlecht als Dritter urteilen lässt, ausblenden. Und das hat mich beim bis-zum-Schluss-hören bei der neuen LINKIN-PARK so überrascht und begeistert: Zum einem die Dynamik aus nicht wirklich harten, aber irgendwie wie vor Energie und Groove strotzenden Stücken wie „Wretches And Kings“ und „When They Come For Me“ (Ohrwurm!!) und eher ruhigeren, aber nicht minder mitreißenden Nummern wie „Blackout“ oder „Robot Boy“. Letzteres Stück deutet zwar mit seinem 08/15-Klavier-Einstieg (Klavier gibt’s auf „A Thousand Suns“ übrigens verdammt viel) auf schon jetzt nervenden Weichspül-Radio-Pop, entfaltet sich aber im Laufe des Stücks zu etwas durchaus respektables, wenn auch natürlich nach wie vor poppiges. Doch bevor das ausartet, schnell zum nächsten Punkt, nämlich: „A Thousand Suns“ ist gar nicht mal so schrecklich viel Pop. Dafür ist der Sound viel zu eigen, viel zu, naja, ich setze es mal vorsichtig in Anführungsstriche, „experimentell“, aber halt wie gesagt: Schon noch speziell. Das liegt an der starken elektronischen Schlagseite des Albums, aber auch an den ausgedehnten Samples und generell den überraschend vielseitigen Sounds des Albums. Und man muss sagen: LINKIN PARK wissen wo sie hin wollen. „A Thousand Suns“ wirkt wie aus einem Guss, besitzt eine gute Struktur und bietet genau da Abwechslung und Überraschungen, wo das gerade – wenn es halt mal doch zu poppig wird – nötig wäre. „Hart“, geschweige denn so wie „Hybrid Theory“ ist das alles natürlich nicht, aber es macht Spaß, oder kann zumindest Spaß machen, und es berührt, oder kann zumindest berühren. Und ich weiß wie das ist, viele Leute wollen gar nicht glauben, dass eine Band wie LINKIN PARK (eine Band aus Menschen) sowas wie Gefühle vermitteln kann, weil das alles ja so schrecklich Maschinerie der Majors oder so ist, aber hey: Mich macht das hier alles furchtbar an. Und wer hätte das gedacht? Und was für schreckliche Menschen (!) LINKIN PARK nun sind (oder auch nicht) werden wir wohl eh nie hundertprozentig wissen können. Daher: LINKIN PARK sind 2010 weder „Hybrid Theory“ noch „Minutes To Midnight“, weder eindeutig Mainstream noch Underground: Sie sind einfach irgendwie irgendwas. Aber irgendwie irgendwas gutes, wenn ihr mich fragt.

Tracklist:

01. The Requiem
02. The Radiance
03. Burning In The Skies
04. Empty Spaces
05. When They Come For Me
06. Robot Boy
07. Jornada Del Muerto
08. Waiting For The End
09. Blackout
10. Wretches And Kings
11. Wisdom, Justice, And Love
12. Iridescent
13. Fallout
14. The Catalyst
15. The Messenger

Autor

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Olivier H.

Autoren Bio

"They said, Do you believe in life after death? I said I believe in life after birth" - Cursed