Wem die letzte CLOUD NOTHINGS zu poppig ausgefallen ist, wird mit MEAT WAVE versöhnlich gestimmt. Die dritte Platte "The Incessant" klingt an vielen stellen so dreckig, als wäre sie in den 90ern von Steve Albini aufgenommen wurden.
Huch. Wurden sie auch. Nur das Jahrzehnt hat sich etwas verschoben. Hört man "The Incessant" denkt man an die PIXIES, SHELLAC und eben an die bereits erwähnten CLOUD NOTHINGS.
MEAT WAVE spielen Lo-Fi angehauchten Garagepunk. Laut, dreckig, reduziert und unheimlich cool. Die Produktion ist eine Mischung aus etwas besserem Demotape und Proberaumaufnahmen. Classic Albini. Beginnt "To Be Swayed" anfangs noch etwas unspektakulär, hat Sänger Chris Sutter und seine beiden Musikerkollegen spätestens mit Einsetzen des Refrains den Hörer in seinem Bann. Die darauffolgenden "Tomasaki" und "Run You Out" beginnen beide direkt mit einer catchy Melodie, die raue Stimme von Sutter prescht sofort nach vorn und die Songs versprühen so viel Energie und Spielfreude, dass man direkt Bock auf die Livevariante bekommt. Der Vergleich zur "Here And Nowhere Else" von CLOUD NOTHINGS ist hierbei mehr als angebracht.
Bei "Leopard Print Jet Ski" lässt das verquere Gitarrenspiel, welches sich durch den kompletten Song zieht, an die frühen PIXIES denken. Die Melodie strengt an, bohrt sich aber gleichermaßen in den Gehörgang und setzt sich dort fest. Chris Sutter hat den Grunge eingeatmet und spuckt ihn uns wohldosiert ins Gesicht - der Song nimmt sich stets vor dem erwarteten Ausbruch zurück und baut dadurch eine immense Spannung auf, welche am Ende in einer Bridge mündet und den Hörer auf Grund von unerfüllten Erwartungen mit Entzugserscheinungen zurücklässt - großes Kino. Repeat. SWAIN lassen grüßen.
"Bad Man" folgt direkt, die Drums knallen durch und lassen keinen Platz für eine Pause. Wurde eigentlich schon die Aufnahme gelobt? Nein? Jedes einzelne Instrument des klassischen Bandgefüges kann auf Grund der tollen Produktion nachverfolgt werden und sorgt, je nach Fokus, selbst nach dem fünften Hördurchlauf noch für Spannung. "I Am A Bad Man" singt Sutter und glänzt dabei mit der richtigen Rockstarattitüde.
Bei "No Light" fragt man sich, welche hochpotenten Amphetamine Drummer Ryan Wizniak intus hat, dennoch besticht der Song durch seine ruhige Ausstrahlung. Der Bass hält sich verträumt im Hintergrund und vereinzelte Tonfolgen der Gitarre versetzen den Hörer in eine Art Luftschwebehängen. Highlight. Gefolgt vom Übersong des Albums: "Glass Teeth".
Auch im weiteren Verlauf der Platte schaffen es MEAT WAVE straighten Garagepunk zu spielen, welcher immer wieder mit hymnenhaften Ohrwurmmelodien seitens Chris Sutter garniert wird. Zeitweilig spielt sich die Band in Rage, verliert den Fokus und findet kurz vor aufkeimender Langeweile mit einer neuen Melodiewirrung, einer unvorhersehbaren Bridge oder einem einprägsamen Gesangspart zurück und wickelt den Hörer aufs Neue um die Finger. Die Energie nimmt auch zum Ende nicht ab, im Gegenteil: Die Songs "At The Lake" und "Mask" gehören zu den aggressivsten und härtesten Songs der Platte und kommen zusammen gerade mal auf eine Spielzeit von knapp über zwei Minuten.
Das baladeske "Birdland" sticht aus dem Albumkontext heraus, einerseits weil hier noch einmal ganz klar wird, dass die Stärken der Platte nicht in den technischen Fähigkeiten der einzelnen Bandmember stecken. Chris Sutter trifft kaum einen Ton, der Bass rumpelt vor sich hin, aber gerade dieser Charme und diese Authentizität macht "The Incessant" zu etwas Besonderem. Das grandiose Outro "Killing The Incessant" sei an dieser Stelle noch kurz erwähnt, da sich die Band hier komplett selbst zerlegt und damit das perfekte Ende gefunden haben.
"The Incessant" besteht aus 12 Songs, nach 36 Minuten ist alles gesagt. Großartiges Album.