Um das Ende der Welt hinauf zu beschwören, schreiben MEWITHOUTYOU einfach ein neues Album. Auf "Pale Horses" bekämpft die Ausnahmeband aus Philadelphia sich und andere - größtenteils jedoch mit ihren eigenen, sorgfältig auserwählten Waffen. Dass das Ergebnis ins Eingemachte geht, unterschreibt nicht nur Regler-Papst Will Yip mit breitem Grinsen.
Denn was helfen alle Post-, Alternative- und Indie-Prädikate, wenn man das Übel nicht an der Wurzel zu fassen bekommt? "Pale Horse" eröffnet verklüngelt und beruhigend, zu der halligen Gitarre gesellt sich die Telefonhörerstimme von Neuzeit-Hippie Aaron Weiss und beobachtet auf gewohnt lyrisch intensive und spirituelle Art. "Watermelon Ascot" watet durch die gesprochene Strophe und versucht im Refrain Melodie und Empfänglichkeit zu erobern. Auf die letzte Minute reissen MEWITHOUTYOU das Steuer lieber noch einmal komplett herum und driften in zurückgelehntes, fast Dancehall-artiges Gewässer. Bis hierhin und weiter durch "Mexican War Streets" oder den Postcore-Glitzer von "Red Cow" belohnt "Pale Horses" mit musikalischem Tiefgang und gereiftem Facettenreichtum. Poeten, Denker und heilige Schriften bekommen ihre Schulterklopfer, stumpfe Texte waren bei der Band um die gläubigen Gebrüder Weiss noch nie Tagesordnung. Wieviel das sechste Album musikalisch offenbart, kann jede(r) für sich bestimmen: "Lilac Queen" zupft und plänkelt sich folkig aus dem Bett, bis geschnittene Hihat-Sechzehntel das Ende der ersten Halbzeit einläuten. "I was born of a thought of mine / I was the ISIS flag design / you were a Lilac Queen / paddling through your empire's streams" feuert Weiss zu den hellen Licks der Gitarre an. "D-Minor" schaukelt sich und seine Vocals von der Pusteblumenwiese bis an LA DISPUTE-artige Verzeifelungsgrenzen. "This is not the first time God has died / this is not the first time capitalized three lettered sound has died" predigen MEWITHOUTYOU zu Emoriff und Postrock-Atmosphäre.
Wie so oft in der Vergangenheit schwimmen die Songs von einer Strömung in die nächste - ohne Luft zu holen oder Andeutungen zu machen. "Dorothy" sprechsingt sich vorbei an TINDERSTICKS und THRICE und erfordert trotz seiner kurzen Spielzeit intensives Ohr, bevor "Blue Hen" sich aufzubäumen versucht und neben Posthardcoreansätzen und Bibelversen bestehen muss. Mal möchte man MEWITHOUTYOU Schizophrenie attestieren, dann wieder unterbreiten Stücke wie "Magic Lantern Days" dem Hörer das Angebot, sich komplett in ihnen zu verlieren. Makaber, wie sich das träumende Arrangement von Zeilen wie "Time will fill the rubbish yard / fill the hospitals, fill the graveyards / but neither time nor I can hold your 1985 Chernobyl heart" tragen lässt.
Einen Nachfolger zu "Ten Stories" hätten Aaron und Michael Weiss, Richard Mazzotta, Greg Jehanian und Brandon Beaver auch logischer gestalten können. Um das Ende der Welt auf eine tiefgründige, religiöse und intellektuelle Weise vorzutragen, haben MEWITHOUTYOU vom Coverartwork bis "Rainbow Signs" lieber ein beachtliches Konzept namens "Pale Horses" geschaffen und es auf ihre ganz eigene Art garniert.