Wer zum Herbstanfang wie ferngesteuert keine Eisdielen und Badeseen mehr mag, kann auf "Panic Stations" zurueckgreifen. Denn Sternenhimmel, Engelsgesang und Schrammelgitarre gibt es bei MOTION CITY SOUNDTRACK immer noch auf Knopfdruck.
Minnesota, du Poppunk-Mekka. Oder neuerdings Orgelcore-Hochburg. Gibt es hier noch mehr Sonnenstunden als in Kalifornien? Aus "I am wrecked, I am overblown" wird bei "Anything At All" fix "I am dying to hear what you're going through" - der Drive und die Catchyness sind geblieben. Das Schlagzeug treibt, die Orgel quaekt und Justin Pierre kann mit seiner blossen Stimme puenktlich zum Refrain das Mittagessen von gestern aufwaermen. Zu "I Can Feel You" oder "Lose Control" schraubt die Band zurueck und spielt flockigen Alternativerock, mal etwas haerter als WEEZER, mal so mollig und jugendlich wie die GET UP KIDS. Auch die Melodieboegen von "Heavy Boots" wecken Erinnerungen, und zwar keinesfalls negative. Auf ihrem sechsten Album kann man der Band nicht vorwerfen, sich wieder und wieder selbst zu kopieren, dennoch fehlt "Panic Stations" oefters die Hebelwirkung, die MOTION CITY SOUNDTRACK zu Zeiten von "Even If It Kills Me" weit entfernt von nervoes und unsicher zur Seite stand. Keine halbe Minute dauert es, bis "It’s A Pleasure To Meet You" zweifelsfrei enttarnt werden kann. Ein legerer Griff in die Emopunk-Trickkiste es Fuenfers, schon klinken sich Langeweilegrad und Melodiemuffel aus. Moog ist Macht - ebenso der bratzige Bass, der "Gravity" im Strophenteil so verlaesslich zur Seite steht, wie die Tasten von Jesse Johnson es im Chorus tun. MOTION CITY SOUNDTRACK duerfen guten Gewissens Ruecken oder Ischias haben und ein Album "Panic Stations" betiteln (obwohl hier eigentlich eine nautische Referenz besteht), denn geleistet hat die bald zwanzigjaehrige Band genug. Geht der Platte mit "TKO" zu Beginn eine Menge Schwung verloren, so erwischen Pierre, Johnson, Gitarrist Joshua Cain, Drummer Claudio Rivera und Bassist Matthew Taylor doch eine immer noch mindestens durchschnittliche Balance aus feinen Hits ("Anything At All"), plaetschernden Signature-Stuecken ("Over It Now") und vorsichtig aufdecktem Neuland - wie dem anschmiegsamen "I Can Feel You". Die unbescholtene Erfolgsgeschichte um Schrammelgitarre, Engelsgesang und Eisdielenrock schafft es auch trocken und unversehrt durch Level 6.