Aus mehr als 25 Jahren und knapp ebensovielen Releases einen Querschnitt zimmern, der dem Schaffen der norwegischen Psychprog-Giganten gerecht wird ist kein Befangen für Montagsmuffel oder Nachzügler. Und: Lohnt sich eine solche Mühe in Zeiten des digitalen Schnelldurchlaufs überhaupt? Stream anschmeissen = Fan-Dasein? Mit Hilfe von siebzehn Songs lasten MOTORPSYCHO locker flockig CD-Spielzeiten und Kieferknochen aus.
Nicht erst seit gestern sind die Herren um Mastermind Bent Sæther eine Institution, wenn es um alternativen und dennoch untergrundigen Rock mit der gewissen Schönheitsetikette geht. "Supersonic Scientists" ist eher Sammlerobjekt oder Einstiegsdroge, als dass man gestandenen Fans der Band aus Trondheim damit einen Gefallen tun könnte. Die Originalaufnahmen wurden neu gemastert und vom aktuellen Line Up bunt durcheinander gewürfelt, um von einer möglichen chronologischen oder stilistischen Entwicklung der Band abzusehen. Gelingen tut das blind - eine Logik dahinter sehen Sæther und Co. trotzdem. Nach einem Buch und einer Ausstellung zu eigenen Hintergründen und Geschichte im heimischen Rock´n´Roll-Museum liefert das Doppel-CD- bzw. Doppel-LP-Release das nötige "Hörgut" zur Band-Historie. Der Querschnitt verläuft vom 1993er "Demonbox" über "Starmelt/Lovelight" von "Angels And Daemons At Play" (1997) und dem "Trust Us"-Giganten "Vortex Surfer" bis hin zum episch-progressiven "Cloudwalker" vom noch lauwarmen Album "Behind The Sun".
Aufwachen, staunen und geniessen kann hier, wem Formbarkeit und Schaffensspektrum von MOTORPSYCHO bislang nur unterschwellig bewusst waren - oder wurden. Von musikalisch tief erforschten und verträumten Spacerock-Elementen oder dem Herbstwetter-Soundtrack "Afterglow", der schon das 2013er "Still Life With Eggplant" grandios besiegelte, erzählen die skandinavischen Helden ihre Geschichte anthologisch und liebevoll modelliert. Wer sich für die CD-Version entscheidet, bekommt obendrauf einen Bonustrack pro Silberling - im Falle von "Toys" sogar einen raren Singlebeitrag aus dem letzten Jahr - verzichtet aber notgedrungen auf das großformatige Artwork in toller Stammbaumoptik. Mit stetiger Nähe zum Fan, musikalischer Finesse und ihrem nicht enden wollenden Produktivitätsschub hat sich das Trio mittlerweile weltweit selbst zur Kultfigur befördert. Wer denkt, das gut eineinhalbstündige Erlebnis "Supersonic Scientists" sei bloss ein gähnender Best-Of-Kuchen fürs kommende Weihnachtsbuffet, bestätigt bezüglich der Sichtweisen und Absichten im Hause MOTORPSYCHO noch reichlich Nachholbedarf. Ob ein einzelnes der fünfzehn hier berücksichtigten Alben oder erstmals mit Compilation-Charakter für Hard-, Garagen- oder Psychrockfreunde gleichmassen - die Qual der Wahl trifft den Hörer so oder so. Denn MOTORPSYCHO und ihre Reise durch Stile, Lautstärken und Soundszenarien ist nach fünfzehn (bzw. siebzehn) Stücken ebenso wenig erzählt wie die Zukunft der Band, die zum Glück alles andere als erschöpft oder am Ende scheint.