Plattenkritik

Make Do And Mend - Everything You Ever Loved

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Release Date: 19.06.2012
Datum Review: 20.06.2012

Make Do And Mend - Everything You Ever Loved

 

 

Sie haben es schon wieder getan. Schon wieder bringen MAKE DO AND MEND ein Album heraus, was ich eigentlich nicht so recht brauchte und auch nicht unbedingt wollte. Ein (sehr subjektiver) Erklärungsversuch warum und vor allem was Everything You Ever Loved letztendlich (für mich) geworden ist:

Als MAKE DO AND MEND 2009 ihre zweite EP Bodies Of Water in Eigenregie veröffentlichten, war ich sofort Feuer und Flamme für diese Band. Selten habe ich eine EP so schnell für so gut befunden: tolle Melodien, tiefgründige Texte und eine Stimme die mindestens auf einem Niveau von Chuck Ragan ist beziehungsweise war.
Deswegen freute ich mich ungemein über die Ankündigung einer kleinen Clubtour im Anfang von 2010, die aber natürlich abgesagt werden musste, weil man noch etwas warten wollte, um vielleicht etwas bekannter zu werden. Na klar. Anscheinend sind MAKE DO AND MEND dann aber glücklicherweise in nur einem halben Jahr so bekannt geworden, dass es für eine zweite Tourankündigung reichte. LEMURIA sollten die Herrschaften als Headliner begleiten und sie ein wenig durch Europa führen. Da das schon fast zu perfekt klang, dauerte es auch keine 2 Monate, bis die Tour abgesagt wurde. Diesmal weil LEMURIA noch etwas Zeit für ihr Album brauchten. Einen anderen Headliner suchen / selbst eine Headliner Tour zu starten kam natürlich nicht in Frage.
Dann, ein wenig später, die Ankündigung eines ersten Albums via PAPER + PLASTICK, die bereits tolle Bands wie JUNIOR BATTLES und THE FLATLINERS beheimateten. Die Vorfreude war groß, die Erwartung und Angst enttäuscht zu werden natürlich noch größer. Wahrscheinlich auch ein wenig deswegen, bezeichnete ich End Measured Mile bestenfalls noch als gehobener Durchschnitt und war zugegebenerweise recht enttäuscht. Da war kaum Substanz mehr vorhanden und definitiv zu wenige “Hits” wie noch auf dem großartigen Vorgängerwerk. Ein geschlagenes, ruhiges Jahr später betraten die Herren dann schließlich doch noch europäischen Boden und spielten eine Supporttour in “großen” Clubs, mit einigen kleineren Festivalgigs. Einer davon war auf dem Gamescom Festival in Köln im letzten Jahr. Eine große Bühne anstatt dem kleinen, feinen Aetherblissement und maximal 20 anwesenden Fans, die durch einen riesigen Wellenbrecher von ihrer Band getrennt waren. Perfekt.
Anschließend eine, bis auf das unbetitelte Stück, absolut lieblose und belanglose Akustik EP, die von vielen (verständlicherweise) nur als Lückenfüller bezeichnet wurde, um aus dem 2-Veröffentlichungen / Vertrag bei P+P herauszukommen. Dann, wie aus dem Nichts, der Vertrag bei RISE RECORDS und Everything You Ever Loved:
Ein Titel der von Kitsch nur so strotzt, ein Cover das langweiliger nicht aussehen könnte und zwei Vorabsongs (Lucky & Disassemble), die im besten Fall gerade noch Durchschnitt sind.
Was also bleibt beim ersten Hören von Everything You Ever Loved, wenn man versucht, diese gesamte Leidensgeschichte einmal auszublenden?

Leider nicht sonderlich viel. Meine ersten Durchläufe spielten sich überspitzt gesagt in etwa so ab:
Wow, was für ein langweiliges erstes Lied. - … - Oh, das kenne ich. Disassemble, oder? - … - Oh, das geht immerhin ins Ohr (St. Anne). - ... - Oh, das kenne ich auch! Lucky. - … - Wie lange geht das hier denn noch? - ... - Poah. Was für ein letztes Lied! (Desert Lily)

Bis auf die hervorgehobenen Lieder bleibt nichts im Ohr und klingt einfach nur furchtbar beliebig. Natürlich sind MAKE DO AND MEND zwar immer noch MAKE DO AND MEND und haben auch immer noch ein Händchen für große Melodien und eingängige Songstrukturen, aber irgendwie hat man das alles spätestens auf End Measured Mile schon gehört und ist jetzt gelangweilt. Wieso aber dann überhaupt ein paar Lieder hervorheben?

Was wirklich interessant und auch gewissermaßen “neu” auf Everything You Ever Loved ist, sind die ruhigen, langsameren Lieder, wie eben St. Anne und Desert Lily. Vor allem Desert Lily ist das heimliche Prunkstück dieses Albums. Ein Lied über die Sehnsucht zu Hause bei seiner Freundin zu bleiben. Ein Lied über den Wunsch nach endlosem Sommer. Ein Lied was nahtlos an Bodies Of Water Zeiten anknüpfen kann und es auch tut. Ein Lied in dem die Bridge sehr an das markante Riff von Here’s Looking At You Kid meiner Herzensband erinnert. Zumindest für diesen Moment also alles gut. Nahezu perfekt. Ein klein wenig Hoffnung macht sich breit, dass da vielleicht doch noch etwas geht. Dass vielleicht nur der erste Hörvorgang so enttäuschend war.

Doch auch schon bei den nächsten Durchläufen ist keinerlei Verbesserung der restlichen Liedern zu erkennen. Kein Wachstum. Kein “ach die Platte wird schon besser, umso mehr man sie hört”. Dabei waren die Vorrausetzungen gar nicht so schlecht. Tolles neues Label, das sich jüngst mit großartigen Releases von den neu erstarkten HOT WATER MUSIC oder auch DAYTRADER brüsten kann; mit MATT BAYLES (DEFTONES, POLAR BEAR CLUB) konnte ein großartiger Produzent gewonnen werden und auch sonst schien die Band um Sänger James Carroll überaus motiviert gewesen sein, das Album aufzunehmen. Dagegen wirkt, die in Eigenregie aufgenommene, Bodies Of Water gerade zu schäbig - weniger ist manchmal eben doch mehr.

Und auch so fügt sich ein weiterer Teil der Leidensgeschichte, von meiner Beziehung zu MAKE DO AND MEND, hinzu. Mal sehen wie viele Touren noch verschoben, Releases veröffentlicht und falsche Entscheidungen getroffen werden müssen, um vielleicht einmal so groß zu werden wie RISE AGAINST es mittlerweile sind. Da will man schließlich irgendwann mal hin, sagt Carroll. Viel Glück dafür, aber spätestens ab hier ohne mich. Selten wurde ich von einer Band in ihrem gesamten Werdegang mehr enttäuscht.

Tracklist:
01 – Blur
02 – Disassemble
03 – Count
04 – St. Anne
05 – Stay In The Sun
06 – Royal
07 – Drown In It
08 – Lucky
09 – Hide Away
10 – Storrow
11 – Desert Lily

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Fabian

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