Plattenkritik

Manchester Orchestra - Simple Math

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 13.05.2011
Datum Review: 30.05.2011

Manchester Orchestra - Simple Math

 

 

Der Conor-Oberst-Effekt zeigt, dass viel Geld für die Produktion eines Nachfolgealbums sich nicht zwingend positiv auf die Qualität auswirken muss. War Lifted… von seiner Band Bright Eyes noch ein lyrischer und musikalischer Glücksgriff der noch Jahre nachbebt, so war die Veröffentlichung zweier Nachfolgealben zur gleichen Zeit, I’m Wide Awake… und Digital Ash…, eher keiner. Beides waren durchaus beachtenswerte Alben und dennoch hatten sie an der Überfrachtung an Effekten, Instrumenten, Produktion und dem Einfach-Zuviel-Wollen zu knacken.

Simple Math ist ein ähnliches Resultat nach dem grandiosen Mean Everything To Nothing. Aber man muss das Feld nicht von hinten aufrollen. Mit „Deer“ gelingt Andy Hull ein fabelhafter Einstieg. Selbstoffenbarung, Verzeihung, Bittstellung zu ruhigem Instrumentarium. „Dear Everyone I Every Really Knew, I Acted Like An Asshole So I Could Keep My Edge On You”. Ein grandioser Songschreiber und Interpret ist er mit seinen fünfundzwanzig Jahren durchaus, wie er bereits mit den Vorgängeralben von Manchester Orchestra, den Bad Books und seinem quasi Soloprojekt Right, Away Captain beweisen konnte. Das verhält sich bei Simple Math auch nicht anders. Bittere, direkte, einfühlsame und von Grund auf ehrliche Texte werden mit einer eindringlichen Emphase gesungen, die des Öfteren das Herz stehen bleiben und die Haare senkrecht stehen lässt.

Hieran liegt der Hund des Albums nicht begraben, viel mehr ist es der Überfluss. Die klare Produktion, die über allem schwebenden Geigen und vor allem der große Fuß im Classic Rock mit seinen geniedelten Soli. Die spielen sich zwar nie direkt in den Vordergrund, sind indes ständig in Habachstellung. Auch die Geigen im Stile von Becks Sea Change wüssten sicherlich so manchen einzelnen Song zu bereichern, sind aber trotz allem in fast jedem der zehn Songs Anwesende. Hierüber können auch breitbeiniger Rock (u.a. „Mighty“) und bierseelige Chöre („Pensacola“) nicht hinweg täuschen. Es wirkt irgendwie falsch, gewollt, erzwungen. Lediglich „Virgin“ der Song der alles vereint und noch einen The Wall Pink Floyd Kinderchor obendrauf setzt funktioniert. Er erscheint komischerweise wahrhaftiger und stimmiger als der Rest.

Dass das Album letztendlich doch kein Rohrkrepierer ist, sondern durchaus oben mitspielen kann, liegt nicht nur an so manchen gelungenen Modest Mouse Licks, ausgetüftelten Songwendungen, Meckern auf hohem Niveau und Band Of Horses Schöngeistigkeit. Zum Gelingen von Simple Math trägt vor allem Andy Hull selbst bei. Seine Stimme, sein Gesang packt einen von der ersten Sekunde an und lässt einen nicht mehr los.

6,5

Tracklist:

1. Deer
2. Mighty
3. Pensacola
4. April Fool
5. Pale Black Eye
6. Virgin
7. Simple Math
8. Leave It Alone
9. Apprehension
10. Leaky Breaks

Autor

Bild Autor

Kilian

Autoren Bio

-