"Dialectic Chaos" beweist zudem, dass man keine langweiligen 9 Minuten braucht, um es in einem Instrumental auf den Punkt zu bringen"
Es ist von Vorteil, ohne Erwartungen an eine Rezension heranzugehen. Und dann positiv überrascht zu werden. So geschehen beim 12. Aderlass aus dem Hause MEGADETH, der den interpretationsfähigen Titel "Endgame" trägt. Mega Dave Mustaine (aktuell gehören Gitarrist Chris Broderick, Bassist James LoMenzo und Drummer Shawn Drover zum Lineup; Anmerkung: Hättet ihr gewusst, dass SLAYER Gitarrist Kerry King Gründungsmitglied von MEGADETH war?") nahm diesmal im bandeigenen Studio Vic's Garage in der Nähe von San Diego auf und schien ein Einsehen mit den Kritikern zu haben, die immer wieder am Bandsound mäkelten. Denn auf "Endgame" ist die Symbiose aus starken Gitarren, einem wummernden Bass und einem drückenden Schlagzeug nahezu perfekt ausgesteuert. Die Soli nehmen natürlich einen großen Platz im Verständnis von melodiösem Thrash Metal des viel Gescholtenen ein, so zeigt "Dialectic Chaos" gleich zu Beginn als Instrumental mit einer wild drauflos spielenden Lead Gitarre, dass auf "Endgame" die Kraft und Freude der Wiederentdeckung eigener Stärke zelebriert wird. Und tatsächlich, nach und nach wird deutlich, dass MEGADETH sich ihrer eigenen Tugenden bemächtigten, ohne jedoch die Neo Thrash Tendenzen der Alben Ende der 90er Jahre zu vernachlässigen. Wann hat der rote Mustang das letzte Mal solche beinharten Thrash Granaten wie "This Day We Fight!" oder "Headcrusher" geschrieben? Dabei stechen immer wieder die wild um sich schlagenden Leads heraus, die den Gesamteindruck jedoch nicht durch Eigenmächtigkeit zerstören, sondern geschickt kurz vor der totalen Dominanz den anderen Instrumentalisten Freiräume einräumen. Auch haben sich grandiose Hits in die Anhäufung von guten Tracks geschlichen, "44 Minutes" besticht durch einen unter die Haut gehenden Refrain, die orchestral unterlegte Halbballade "The Hardest Part Of Letting Go... Sealed With A Kiss" zeigt den Meister sogar stimmlich bei ansprechender Qualität, wenn sich die ruhigen, fast verträumten Sequenzen mit den krachenden Elementen verbünden. Nach wie vor gewöhnungsbedürftig ist das Organ des roten Barons, so klang es doch in der Vergangenheit mitunter etwas dünn und schwächlich. In der Vergangenheit? Ja, denn auf "Endgame" zeigt sich Dave Mustaine passend zur härteren Ausrichtung etwas mehr evil, legte dafür sein Timbre etwas tiefer und wirkt damit rotzig frech. Auf "Endgame" passt einfach alles, das Album ist homogen und spuckt spielerisch leicht Gift und Galle. Wenn denn ein Vergleich mit der MEGADETH Vergangenheit angestellt werden müsste, dann fungiert "Endgame" mühelos als Bindeglied zwischen "Rust In Peace" und "Countdown To Extinction".
Tracklist:
01. Dialectic Chaos
02. This Day We Fight!
03. 44 Minutes
04. 1,320
05. Bite The Hand That Feeds
06. Bodies Left Behind
07. Endgame
08. The Hardest Part Of Letting Go... Sealed With A Kiss
09. Headcrusher
10. How the Story Ends
11. Nothing Left To Lose