Plattenkritik

Meleeh - To Live And Die Alone

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Release Date: 24.02.2010
Datum Review: 21.02.2010

Meleeh - To Live And Die Alone

 

 

Ganz schön wenige Umlaute für eine Band aus Schweden. Ganz schön viel gute Beklemmung, Atmosphäre und düstere Dynamik für ein eigentlich überlaufenes Genre. MELEEH richten sich mit vermeintlicher Leichtigkeit ein in Klaustrophobie und Depressions-Pathos. Wenn das doch immer so einfach wäre.

Viele zeitgenössische Bands, die versuchen die Leere, den Schmerz und den Lebensrotz ausfüllend zu umkreisen, sind gewissermaßen wie das Gedankenexperiment von Schrödingers Katze. Sie sind lebendig und sehr tot zugleich. Oftmals sind es Nuancen, die den Unterschied ausmachen. Welche die eine Band in ihre lebensverneinenden Moleküle zerspringen lassen, weil wir denken „das kaufen wir euch nicht ab, da könnt ihr noch so ausgiebig leiden“, während die andere Band uns ihre knöcherige Hand entgegenstreckt und wir sie dankend ergreifen. MELEEH gehören zweifellos zur letzteren Kategorie. Da können Artwork, Songtitel und T-Shirt-Aufdrucke noch so sehr den Prozac-meets-Atheismus-Kanon bedienen.

Innerhalb von zwanzig Sekunden jedenfalls ist man drin. Danach heißt es abtauchen in beißendes Kurt Ballou-Feedback gewoben in Songs, die etwas von der frühen BURST’schen Durchschlagskraft haben, um dann doch wieder den Deathwish-Apologeten das Wort zu reden. Aber eben nicht nur. Meterdicke, leidende Gitarren und eine gewisse stimmliche Gleichförmigkeit, die allerdings überhaupt nicht stört, sondern blendend funktioniert, sind von hier an ständige Begleiter. Bulliges Drumming und leicht angeprogte Gitarren lassen Bilder aufblitzen von mit Blut durchwirkten Tüchern und dunklen Seelenräumen. Überhaupt sorgen gerade die melodischen Texturen für ein Gefühl der Verlorenheit, das irgendwie ein typisch skandinavisches ist. Die Gitarren klingen stets ein wenig so, als wollten sie eigentlich ein ganz anderes, ein erhellenderes Lied spielen, welches gegen die Düsternis allerdings nicht anzukommen scheint. Zwei Seiten einer Medaille. Was dann auch wieder hervorragend zur Leben-und-Tod-Dichotomie passt, welche das gesamte Album durchzieht wie ein blutroter Faden.

MELEEH leben von einer sehr eigenen Dynamik. Der unbedingten Sogwirkung von 'Vowbreaker' wird an späterer Stelle der sich beständig steigernde Höllenblues von 'To Live Alone' entgegengestellt, welcher sein Ende nur andeutet um dann mit ungeheurer Wucht erneut zuzuschlagen. Auch die graubraune Klage 'Thorns For Flowers' lässt das Album nicht zerfahren erscheinen und geht nahtlos über in 'To Die Alone', das man sich an dieser Stelle dann doch schleppender vorgestellt hätte. MELEEH umgehen Erwartungen in einem eng abgesteckten Rahmen recht gut. Dass einen so etwas in unseren durchpsychologisierten Zeiten überhaupt noch zu bewegen vermag, ist die große Kunst des feinen Unterschieds. MELEEH beherrschen sie mit Leichtigkeit. „Honour the bringer of burden and vengeance.“ Liebe dein Symptom wie dich selbst.


Tracklist:

01: Marmaverken
02: Vowbreaker
03: What I Carry With Every Heartbeat
04: Sun And Moon
05: To Live Alone
06: Trauma
07: Hells Mouth
08: Panegyric
09: Thorns For Flowers
10: To Die Alone

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René

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