METALLICA haben trotz brechend voller Konzerte und sicherlich irrer Merch-Verkäufe seit vielen Jahren einen schweren Stand, das lag zum einen an zugegeben verstörenden Alben wie Load, Reload, St. Anger oder Lulu aber natürlich auch an diversen polarisierenden Aktionen. Was man Metallica allerdings hoch anrechnen muss ist die Tatsache, dass sich die vier Herren nie an Szenestandards oder -erwartungshaltungen orientieren sondern glaubwürdig das tun worauf sie Lust haben. Der Vorgänger von „Hardwired…To Self-Destruct“, „Death Magnetic“, gerierte zu einem herrlich unterschätzten Album, denn auf dieser Platte waren viele gute Songs, leider bei mauer Produktion. Vielversprechend waren hingegen unisono die Stimmen rund um die vorab veröffentlichten Songs des Albums, für welches Metallica acht Jahre ins Land ziehen liessen: „Atlas Rise“, „Hardwired“ und „Moth Into Flame“. Über das selten dämliche Black Metal Video im Mayhem Stil zu „ManUnkind“ legen wir einmal den Mantel des Schweigens.
Nun liegt das neue Werk in den Regalen der Läden und Metallica haben nicht an Umfang gespart: „Hardwired…To Self-Destruct“ ist ein Doppel-Album mit satten 80 Minuten Spielzeit, das muss erst einmal mit Qualität gefüllt werden. Auffallend ist von Anfang an eine deutliche Steigerung der Soundqualität im Vergleich zur Sound-Katastrophe „St. Anger“ und dem übersteuerten „Death Magnetic“. Vor allem auf Vinyl offenbart sich ein sehr differenziertes Soundbild, mit rasiermesserscharfen Gitarren und vor allem der häufig kritisierte Schlagzeugsound besticht durch eine schöne Balance aus Höhen und Tiefen. Gleiches gilt für Hetfields Stimme, die noch immer kräftig rüberkommt und Trujillos unverkennbares Bassspiel.
Am interessantesten sind jedoch zweifelsohne die Songs und hier kann „Hardwired…To Self-Destruct“ durchaus auf weiten Teilen überzeugen. Metallica zeigen, dass sie mit ihrem bisherigen Schaffen absolut im Reinen sind. Die neue Platte ist kein reines Old-School-Thrash Album aber auch keine Neuauflage von Load / Reload sondern eine Fusion zahlreicher Stile, die Metallica bisher beackert haben. So wäre der Titeltrack „Hardwired“ in den 80er Jahren nicht weiter negativ aufgefallen, im Gegenteil: der Song wäre heute ein fester Bestandteil jeder METALLICA Setlist. Auf der anderen Seite besticht der mit 08:15 längste Song der Platte durch interessante Melodieführungen und Übergängen samt Anleihen aus dem bluesigen Songwriting der Load / Reload Phase und den epischen Gitarrensoli von Death Magnetic ohne dabei anbiedernd zu wirken. Gleiches gilt für „Dream No More“, welches einen durchaus spannenden Wechsel an Mid-Tempo Gestampfe und frühen Doom-Einflüssen aufweist. Auf der zweiten Seite verlieren sich Metallica jedoch ein wenig, so ist „Confusion“ irgendwie nichts halbes und nichts ganzes sondern verliert sich zwischen typischen Metallica Mid-Tempo Riffs und beliebigen Melodien, gleiches gilt für „Here Comes Revenge“. Das LEMMY KILMISTER Tribut „Murder One“, benannt in Anlehnung an Lemmys Bass Amp, geht als nette Verneigung vor einem Großmeister und schöne Geste durch, fällt aber primär durch die Motörhead Lyric-Zitate und weniger durch Riffs und Songwriting auf. Letzter Song auf „Hardwired…To Self-Destruct“ ist die Thrash-Nummer „Spit Out The Bone“, die dank Geschwindigkeit, Groove und markanten Melodien nochmal ein echtes Highlight darstellt.
Zusammenfassend muss man festhalten, dass es Metallica Anno 2016 wahrscheinlich niemandem mehr Recht machen können und bei der Suche nach dem Haar in der Suppe wird man im Falle von „Hardwired… To Self-Destruct“ mit Sicherheit fündig aber mit etwas Abstand betrachtet haben Metallica ein Album geliefert, welches die Band in all ihren Facetten glaubhaft repräsentiert und welches mit streckenweise herausragenden und durchgehend anspruchsvollen Songs aufwarten kann. Die Frage ob „Hardwired…To Self-Destruct“ das beste Album seit dem Black-Album oder „And Justice For All“ ist, stellt sich nicht, wir schreiben das Jahr 2016, die Welt dreht sich weiter und Metallica sind nicht mehr die jungen Rotzlöffel mit dem Spitznamen „Alcoholica“ und entsprechend reifer klingt das Material. Allerdings muss ein wenig Kritik sein und diese fängt mit der Binsenweisheit „weniger ist mehr“ an: Hätten Metallica dieses Album auf ca 6-7 Songs gekürzt würden wir heute wohl alle von einem Meisterwerk schwärmen, niemand wäre über 50 Minuten Spielzeit böse gewesen und schwächere Stücke, die im Kontext hervorragenden Nummern wie„Hardwired“, „Atlas, Rise“ oder „Spit Out The Bone“ einfach abfallen, würden den Gesamteindruck nicht trüben.