Schon wieder dieser Metalcore. Schon wieder dieses Genre-typische Songwriting, schon wieder dieser berechenbare Wechsel zwischen Shouts und Klargesang. Schon wieder...Ach lassen wir das doch. Schliesslich ist auch dies nur schon wieder eine weitere Review, die subjektives Empfinden in scheinbar größtmöglicher Objektivität auszudrücken versucht in der Hoffnung auf positive Resonanz. Und genau da sind wir bei der Quadratur des Kreises. Denn nichts anderes haben MISS MAY I auf ihrem vierten Album im Sinn. Sie wollen möglichst Vielen gefallen und greifen dazu auf Altbewährtes zurück. Unmöglich also, dass dies wirklich jedem gefällt.
Denn nicht Wenige sehen in der Musik noch Kunst, eine Herausforderung, eine Aufforderung des Künstlers an den Hörer, sich die Songs doch selbst zu erarbeiten. Der alternative Gegenentwurf zum kapitalistischen Mainstream eben. Doch der Fünfer aus Ohio möchte abliefern, servieren.
Willkommen also im Schlaraffenland namens „Rise Of The Lion“. Auf dem zu Hochglanz polierten Silbertablett liegen fein garniert Breakdowns neben Screams, Klargesang neben tragenden Drums, schlüssige Songstrukturen neben einer amtlichen Produktion und gefälligen Riffs. Und jetzt mal Hand aufs Herz; klingt das bislang wirklich schlecht, so ganz und gar ungenießbar? Wer von uns geht denn gerne öfter in ein Restaurant, wo er das Viech vor dem vermeintlichen Genuss noch selbst erlegen und ausnehmen muss? Oder in das Dunkelrestaurant, in der anstelle der gepflegten und kultivierten Nahrungsaufnahme aufgrund fehlender Beleuchtung ein fast schon Neandertal'sches Gepatsche mit den Händen von statten geht?
Manchmal ist eben die alteingesessene Pommes-Bude an der Ecke genau das Richtige. Deftige Hausmannskost, ohne viel Schnörkel oder Schnickschnack. Getreu dem Motto: wenn man die Garnierung schon nicht mitessen kann, wozu dann erst die Mühe. Hält nur unnötig auf. Und da es bei Pommes-Buden wie auch bei MISS MAY I um Umsatz geht, muss am Ende des Tages eben die Schlagzahl der Verkaufseinheiten stimmen. Und da sollte es im Falle der Letztgenannten schon mit dem Antichrist zu gehen, wenn die Rechnung mit den altbewährten Materialien nicht aufgeht. Und allen Zweiflern seien als Anspieltipps das nach vorne preschende „You Want Me“ oder das schön thrashige „Tangled Tongues“ ans Herz gelegt. Noch Fragen?
Ansonsten aber Achtung vor den Nebenwirkungen: wie auch bei Pommes rot weiß sollte man den Genuss nicht übertreiben, sonst droht entweder Herzverfettung oder die Anbiederung an die eigentlich doch so verhassten Marktmechanismen im Musikbiz. Denn schon wieder haben die Illuminati eines ihrer trojanischen Pferde losgelassen. Einzig die fiese Überraschung in Form des meuchelmordenden Inhalts haben sie vergessen.
Tracklist:
1.Refuse To Believe
2.Lunatik
3.Gone
4.Echoes
5.You Want Me
6.Tangled Tongues
7.Hero With No Name
8.Darker Days
9.End Of Me
10.Saints, Sinners, and Greats