Hach, Emopunk, du feine Sache. Wie gut, dass es immer noch Bands gibt, die man in dieses Genre packen kann, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch es wandelt sich so einiges mit der Zeit. So wurden früher noch frauenverachtende Songs groß abgefeiert, weil die ja immer nur verlassen. Aber die Zeiten ändern sich, eine Szene lernt. So wurde die Anhängerschaft dieser "Szene" lange dafür angepöbelt, die Gendergrenzen zu verwischen. Evtl. War dass die Chance sich eines neuen höchstemotionalen Themas zu widmen: Geschlecht, Gender und Gesellschaft und der Umgang damit. So geht es auch bei NERVUS. Da wird das eigene Leben im Hinblick auf Körper, Geschlecht und Gender und die Erfahrungen damit in den Fokus gerückt. Nach AGAINST ME! im deutschsprachigen Raum SCHROTTGRENZE und nun eben auch NERVUS. Unwohlsein im eigenen Körper muss nicht immer nur von zu viel oder zu wenig Speck herrühren. Geschlecht, Gender und all der Krams der da sonst noch dranhängt kann ebenso an der Seele rühren, ist politisch und eben emotional. Kritikpunkt daran, aber einmal mehr: Männer* kehren ihre weibliches Seite heraus. Umgekehrt muss mensch ja leider immer noch sagen, dass die Szene wenig für die andere Richtung immer noch schwierig zu erschließen ist. Gender-Dystrophie funktioniert in alle möglichen Richtungen. Aber das können NERVUS eben auch nicht mit einem Wisch hinwegfegen. Einen Grundstein legen vielleicht.
Inhaltlich möchten sich die Menschen, die Songs schreiben gerne zurückziehen, weil eben die Welt draußen zu sehr schmerzt, man sich nicht angenommen und wertgeschätzt fühlt aufgrund der Tatsache, dass man den Erwartungen nicht gerecht werden kann und will. Ein Punkthema, ein politisches Thema. Was das eben mit Menschen im individuellen Sinne anstellt ist höchst emotional. Und dabei kommt dann eben ein Album wie "Everything Dies" heraus. Alles stirbt in kleinen Schritten. Mit eingängigen Meldodien, mildem Klavier und Backroundvocals. Klingt wie eine Mischung als AGAINST ME! Und ALKALINE TRIO, schafft Bewegung, Trost und Ruhe im Sturm der Erwartungen. NERVUS legen ein Album vor, dass einlädt, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, wenn draußen alles zusammenbricht, nicht aufzugeben, auch wenn es stark auf einen einstürmt. Man selbst zu bleiben, auch wenn es anderen nicht passt. Eben nicht sterben, auch wenn einem danach ist, sondern gestärkt daraus hervorgehen. Trotz der o.g. Kritik ist "Everthing Dies" mit Sicherheit eines der feinsten Emopunkstücken der letzten Zeit.
